Erfolg auch als Verwaltungsamt
Wirtschaftsdezernent und Amtsleiter über Wirtschaftsförderung in alten Strukturen.
WZ: Herrn Gensler, Herr Galland, In vielen Kommunen ist die Wirtschaftsförderung "ausgegliedert": als Eigenbetrieb oder städtische GmbH mit und ohne Partner. In Neuss ist das kein Thema?
Gensler: Zurzeit gibt es für uns keinerlei Anlass, darüber nachzudenken. Es geht nicht um die Organisationsform. Erfolgreiche Wirtschaftsförderung ist immer abhängig von Personen und Rahmenbedingungen. Ich will aber nicht in Abrede stellen, dass eine GmbH sinnvoll sein kann.
WZ: Herr Galland, wären Sie nicht lieber Geschäftsführer einer Wirtschaftsförderungs-GmbH?
Galland: Ich wäre ja wohl unglaubwürdig, wenn ich das verneinen würde. Aber wenn ich an die zweieinhalb Jahre zurückdenke, in denen ich in dieser Position arbeite, kann ich mich an kein Projekt erinnern, das in einer anderen Organisationsform besser hätte umgesetzt werden können. Erst recht ist kein Projekt am "Amt Wirtschaftsförderung" gescheitert.
Gensler: Überhaupt: Wer behauptet, es geht nur A oder B, den würde ich sofort aus dem Kreis der Diskussionsteilnehmer ausschließen. Ich will mal behaupten, bei uns läuft es erfreulich.
WZ: Kann die "Rathausferne" in einer GmbH nicht ein Vorteil sein?
Gensler: Kann sein. Es soll aber schon Kommunen geben, die schaffen erst eine GmbH und dann nachträglich noch eine Schnittstelle oder einen Koordinator im Rathaus. Zwei Organisationsformen gleichzeitig - eine Katastrophe!
WZ: Sind die Wirtschaftsförderer in dem einen Amt und die Mitarbeiter zum Beispiel im Bauverwaltungs- oder Planungsamt natürliche Verbündete oder Gegner?
Gensler: In bestimmten Punkten muss es einfach unterschiedliche Sichtweisen geben. Wirtschaftsförderung muss Unternehmen über bestimmte Klippen hinweghelfen. Diese Klippen können im Rathaus liegen, aber auch bei der Kreisverwaltung oder der Bezirksregierung. Aber natürlich geht es allen ums Gemeinwohl.
Galland: Da passt doch der Vergleich zum Anwalt. Wir nehmen einseitig Interessen wahr. Diese Interessen müssen nicht mit denen des Kollegen zum Beispiel aus der Bauverwaltung übereinstimmen, der eine geordnete städtebauliche Entwicklung verfolgt. Mit diesem Kollegen kann ich streiten und am Abend ein Bier mit ihm trinken.
WZ: Woran ist erfolgreiche Wirtschaftsförderung erkennbar?
Gensler: Am Feedback aus der Wirtschaft. Wenn es anders wäre, würden wir es hören - und bei Ihnen lesen. Viele Gelegenheiten, bei denen die Wirtschaftsförderung hilft, werden nicht öffentlich.
WZ: Zum Beispiel?
Galland: Wenn einem Unternehmen bei Bauarbeiten ein Kabel durchgebaggert wird und wir kreuz und quer durch Deutschland telefonieren - und dann wird schnell geholfen.
Gensler: Ich kann mir denken, das ist jetzt geradezu eine Herausforderung für Querulanten.
WZ: Es gibt die Wirtschaftsförderung der Stadt, es gibt die Wirtschaftsförderung des Kreises. Wer macht was, und wie soll sich der Investor da zurechtfinden?
Gensler: Tja, wir arbeiten natürlich zusammen, das hat man gerade wieder bei der Ansiedlung des Unternehmens Fiege gesehen. Nichtsdestotrotz ist es für Unternehmer schwer, sich zurecht zu finden. Man könnte sagen: Wenn es spannend wird, wenn Grundstücke ins Spiel kommen, ist die städtische Wirtschaftsförderung am Zug. Der Kreis hat ja keine eigenen Flächen.
Galland: Der Landrat sagt es ja selbst: Das operative Geschäft liegt bei den Kommunen, der Kreis setzt den Schwerpunkt eher aufs Marketing.
WZ: Nochmal zum Ausgangspunkt: Wird es in fünf Jahren noch die Wirtschaftsförderung als Amt der Stadtverwaltung geben?
Gensler: Wer weiß das schon. Da liegt eine Wahl dazwischen. Vielleicht gibt es andere personelle Konstellationen - das muss der Stadtrat entscheiden.
Galland: Ich kann da so wenig in die Zukunft schauen wie mein Chef. Ich bin aber sicher: Es wird auch in fünf Jahren eine funktionsfähige Einheit geben.