Experten raten: Neuss muss sparen
GPA NRW drängt, die Stadtfinanzen zu konsolidieren. Vorschlag: Verwaltungsstellen in Norf und Holzheim schließen.
Neuss. In nur sechs Jahren, von 2010 bis 2015, hat die Stadt Neuss 39 Millionen Euro ihres Vermögens eingesetzt, um laufende Aufgaben finanzieren zu können. 39 Millionen Euro entsprechen fünf Prozent des Eigenkapitals, das um eben diese Summe abgeschmolzen wurde. Den Finger in die Finanzwunde legen die Gutachter der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) des Landes NRW, die jetzt ihren Bericht vorgestellt haben.
Darin mahnen die Experten aus Herne mit Blick auf die Haushaltssituation „Handlungsbedarf“ an und sparen nicht mit Vorschlägen: Die Stadt Neuss „sollte ihr Leistungsangebot möglichst weiter zugunsten des städtischen Haushalts reduzieren. Die Stadt sollte infolgedessen keine neuen freiwilligen Leistungen beschließen und bisherige freiwillige Leistungen überdenken. Bestehende Standards sind zu überdenken und die Aufwendungen sollten reduziert werden.“ Was diese Empfehlung konkret in der Praxis bedeutet, schreiben die Prüfer an anderer Stelle im Bericht: „Die Nebenstellen des Bürgerbüros in Holzheim und Norf sollten in Frage gestellt werden.“ Damit ist die Diskussion um die Bezirksverwaltungsstellen neu entfacht. Bereits vor zehn Jahren stand deren Schließung auf der vom damaligen Bürgermeister Herbert Napp und der Verwaltung vorgelegten sogenannten „Schmerzliste“ mit Sparvorschlägen, um den Haushalt zu konsolidieren.
Die Politik lehnte die Schließung mit dem Argument ab, Bürgernähe wahren zu wollen. Die GPA-Prüfer formulieren robust. „Auf Nebenstellen verzichten rund zwei Drittel aller Vergleichskommunen“, heißt es im Bericht, „auch in Neuss sind sie nicht notwendig, da das Bürgerbüro in der Innenstadt gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist.“ Nach Einschätzung der Prüfer ist die Notwendigkeit nicht nachweisbar, „zumal ein Online-Angebot bei der Stadt Neuss vorhanden ist“.
Sie gehen zuweilen ins Detail. Fürs Bürgerbüro im Rathaus empfehlen sie, die Öffnungszeiten samstags zu „optimieren“. Da keine Termine vergeben werden, könnte der Samstag für die Öffentlichkeit geschlossen werden: „Dann könnten an diesen Tagen nur Kunden mit Termin vorsprechen. Eine weitere Möglichkeit wäre die Öffnung jeden zweiten Samstag mit einer verlängerten Öffnungszeit.“
Die 2002 errichtete GPA zählt landesweit 396 Städte und Gemeinden sowie 30 Kreise zu ihren Kunden; sie prüft Kommunen, deren Eigenbetriebe und Zweckverbände auf Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit. Sie arbeitet vor allem mit interkommunalen Vergleichsdaten und gibt Handlungsempfehlungen. Bekannt wurde, dass die Prüfer in Neuss die schärfste Kritik auf „Organisation und Steuerung bei den Grünflächen“ ausrichteten. Die Stadt hatte daraufhin noch vor Ostern den Aufbau eines Grünflächenkatasters und von Managementstrukturen angekündigt.
Bürgermeister Breuer will den GPA-Bericht im Hauptausschuss am 12. April beraten lassen. Bis dahin wollen auch die Fraktionen auf Ballhöhe sein. „Ich weiß nur, dass es den Bericht gibt“, sagt Helga Koenemann (CDU), „wir schauen ihn uns genau an.“ Ähnlich formuliert es Sascha Karbowiak (SPD): „Ich muss mir den Bericht erst einmal besorgen.“