Gabenbringer in Neuss: Morgen, Kinder, wird’s was geben
Eine Ausstellung im Clemens-Sels-Museum zeigt ab Ende November Kulturgeschichtliches zum Weihnachtsfest.
<strong>Neuss. Es ist das gewickelte Neugeborene in der Krippe. Oder das Kind mit den Zügen eines Erwachsenen, das die Gaben der Heiligen Drei Könige entgegennimmt. Und das Kind im weißen Gewand mit Flügeln, ja selbst eine Frauenfigur mit Krone: Diese Figuren sind in den volkskundlichen Darstellungen alle das Christkind. Zu den "weihnachtlichen Gabenbringern" hat der Volkskundler Thomas Ludewig im Clemens-Sels-Museum eine Ausstellung erarbeitet, die Ende November eröffnet wird. Natürlich mit Weihnachtsmann, Knecht Ruprecht und dem Nikolaus - aber im Mittelpunkt steht doch das Christkind.
Ludewig räumt mit der Vorstellung auf, Brauchtum habe sich gradlinig entwickelt. Spannend sei es doch gerade, Brüche, neue Entwicklungen aufzuzeigen. Das tut er in der Ausstellung und bietet sicherlich so manche Überraschung.
Lange bevor das Weihnachtsfest zum trauten Familienfest im eigenen Heim wurde, trat das Jesuskind in der frühen Neuzeit bei teils deftigen Weihnachtsspielen auf. Aus dem Nachspielen in der Kirche entwickelten sich immer aufwändigere Feiern auf der Straße.
Das Christkind selbst wurde dabei auch von Jugendlichen dargestellt, die sich oft den ebenfalls mitziehenden "Engels" anglichen: So entstand die Darstellung vom engelgleichen, mit Flügeln ausgestatteten Jesuskind.
Lange hielt sich auch der Brauch des Christkindwiegens. Auch in Neuss standen im 17.Jahrhundert Wiegen in der Jesuitenkirche (heute Haus Rottels) und in St. Quirin. In der Weihnachtsnacht wurde dann das Kind gewiegt. In aller Regel wohl eine Puppe. Doch Thomas Ludewig hat im Jahresbericht der Neusser Jesuiten von 1635 einen Passus entdeckt, nach dem man das Christkind, das in der Wiege wimmerte, mit Gesängen verehrte. In Neuss also könnte durchaus ein lebendes Kind die Puppe ersetzt haben.
Die beiden Bescherfeste - Nikolaus bei den Katholiken, Weihnachten bei den Protestanten - hielten sich von Ausnahmen abgesehen bis zum Ende des 18.Jahrhunderts. Dann wandten sich auch die Bewohner katholisch geprägter Regionen dem Weihnachtsfest als Gabenfest zu. Hinweise finden sich zum Beispiel im "Neusser Intelligenzblatt", wo seit 1830 verstärkt für Weihnachtsgeschenke geworben wird.
Allmählich entwickelte sich auch bei den Katholiken der rein kirchliche Festtag zur häuslich-familiären Feier. Die Sorge, dass angesichts der Bescherung die eigentliche Bedeutung des Festes immer weiter in den Hintergrund treten könnte, ist übrigens kein Spezifikum der letzten Jahrzehnte. Schon im 19.Jahrhundert mahnten Autoren zum Beispiel in der Gartenlaube. Und Geistliche regten an, man möge den Gabentisch abdecken, damit die Kinder nicht vom Singen und Beten abgelenkt würden.
Ein weiteres Indiz: Das auch nicht ganz junge Weihnachtslied "Morgen, Kinder, wird’s was geben" spricht in vielen Versen von Puppenherd und Nascherei, von Schaukelpferd und der "Jagd von Blei" - aber in keiner Zeile von Christi Geburt.
Die Ausstellung "Christkind, Weihnachtsmann & Co" wird am 27. November eröffnet.
Internet http://www.clemens-sels-museum.de/