Geschichtswettbewerb: Als die Mädchen das Quirinus eroberten

Sechs Schüler bei Geschichtswettbewerb ausgezeichnet.

Neuss. Jungs und Mädels nebeneinander auf der Schulbank? Unvorstellbar, in Neuss bis in die 90er Jahre hinein. Erst 1992 erobern Schülerinnen das Quirinus-Gymnasium, als der Stadtrat auf Antrag der Schulkonferenz beschließt, die Koedukation einzuführen, den gemeinsamen Unterricht von Jungen und Mädchen. Damit löst er Empörung aus, vor allem bei ehemaligen Schülern und Lehrern, aber auch beim damaligen Direktor. „Das Quirinus war immer eine sehr traditionelle Schule. Viele ältere, konservative Menschen wollten sich mit der Änderung nicht abfinden“, sagt Carolin Banse.

Ein halbes Jahr lang hat sich die 17-Jährige mit dem Thema auseinandergesetzt. Das Ergebnis: ein gebundenes Schriftstück, 32 Seiten Haupttext plus 20 Seiten Anhang stark, mit dem sie sich beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten beteiligt hat. Der Titel: „Feminae ante Portas — Der Skandal um die Einführung der Koedukation am Quirinus-Gymnasium zum Schuljahr 1992/93“.

„Ich habe von September an jede Woche daran gearbeitet. Im Februar war Abgabetermin“, sagt Carolin. Michael Reschke, Geschichtslehrer und Tutor der Elftklässlerin, hatte die Idee. „Er hat im Unterricht davon erzählt, und ich hatte Lust mitzumachen.“ Das Thema war ein Vorschlag des Stadtarchivs. „Ich fand gut, dass es einen Bezug zu meiner Schule hat — ein Mädchen-Gymnasium“, sagt die Marienberg-Schülerin.

Dass sie große Teile ihrer Freizeit dafür im Stadtarchiv statt mit Freundinnen verbrachte, störte die 17-Jährige nicht. „Das war eine Herausforderung. Es gab kaum Material. Auch das Internet war wenig hilfreich“, erzählt Carolin.

Fündig wurde sie mit Hilfe des Quirinus-Direktors Johannes Hamacher: Im Schularchiv gab es einige Protokolle, und auch die Jahrbücher waren wertvolle Quellen. Neben Hamacher zählen auch ehemalige Schüler und Lehrer zu den Zeitzeugen, die in Carolins Arbeit zu Wort kommen.

„Ich durfte kein Fenster aufmachen, damit kein Luftzug die Blätter aufwirbelt, die überall verteilt lagen“, erinnert sich Mutter Helga Banse. Sie hat den Text ihrer Tochter gelesen: „Eine sehr aufwändige Arbeit“, urteilt sie. Der Lohn: Carolin hat einen Förderpreis erhalten. 100 Euro Preisgeld und eine Urkunde gab’s vom Bundespräsidenten. Carolin: „Außerdem will das Stadtarchiv die Arbeit einlagern, und das Quirinus-Gymnasium will Auszüge in seinem Jahrbuch abdrucken.“