Großes Interesse an Diskussion zu Fluglärm
Der Verein „Kaarster gegen Fluglärm“ und die Stadt hatten zur Versammlung eingeladen.
Kaarst. „Überwältigt“ — das war das meistverwendete Wort zu Beginn der Bürgerversammlung, zu der der Verein „Kaarster gegen Fluglärm“ gemeinsam mit der Stadt Kaarst am Mittwochabend in die Aula der Realschule Halestraße eingeladen hatte. Diese platzte förmlich aus allen Nähten. Auf dem Podium bezog der Vorsitzende des Vereins, Werner Kindsmüller, mit Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus als Mitveranstalterin Stellung zu den Ausbauplänen des Flughafens Düsseldorf.
Diese liegen im Rathaus aus und sehen unter anderem eine Erweiterung der Flugbewegungen von 48 auf künftig 60 in der Stunde vor. Gegen dieses sogenannte Bedarfsgutachten sammelt der Verein, aber auch die Stadt, derzeit Einwendungen. 1200 seien bereits unterschrieben, 5000 das Ziel bis zum 6. Juli, so Kindsmüller.
In der Aula zerpflückte er das Bedarfsgutachten regelrecht. Obwohl die Zahl der Fluggäste von Düsseldorf stark zugenommen habe, liege die Zahl der Flugbewegungen seit Jahren konstant bei etwa 210 000, so Kindsmüller. „Im gleichen Zeitraum hat die Zahl der Flüge nach 22 Uhr aber um fast 50 Prozent zugenommen. Im Juni 2015 landeten im Schnitt jeden Tag etwa 37 Maschinen nach 22 Uhr.“
Künftig wolle der Flughafen 60 Flüge pro Stunde — 314 000 Flüge im Jahr. Bis zum Jahr 2030 könnten sogar 75 Bewegungen pro Stunde erreicht werden. „Tatsache ist aber, dass der Flughafen bereits heute 265 000 Slots vergeben könnte, jedoch bei 210 000 bleibt.“
Woher komme also der Bedarf, fragte Kindsmüller rhetorisch und lieferte gleich die Antwort: Wenn es Düsseldorf gelinge, den Billigairlines attraktive Angebote zu unterbreiten — unter anderem mit straffreien Landungen bis Mitternacht —, könnten Flughäfen wie Weeze, Münster, aber auch Eindhoven künftig nicht überleben. „Ein ruinöser Wettbewerb zulasten der Beschäftigten und unser aller Gesundheit.“ Auch Nienhaus bestätigte: „Die wirtschaftliche Entwicklung Düsseldorfs geht zulasten der Umlandgemeinden. Kaarst sollte nicht lauter, sondern möglichst leiser werden.“
Ihnen zur Seite standen die Kaarster Frauenärztin Dr. Gudrun Janssen sowie Martin Pilz, der ausdrücklich betonte, sich privat gegen mehr Fluglärm zu positionieren und nicht als Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde teilzunehmen. Als er gemeinsam mit seiner Familie vor zweieinhalb Jahren in die „unglaublich attraktive Stadt Kaarst“ gezogen sei, habe er sich bereits gewundert, dass es nicht mehr Widerstand gegen die regelmäßigen Verstöße gegen das Nachtflugverbot gebe. „Als ich von den Plänen des Flughafens erfahren habe, war ich mehr als erschrocken.“
Sowohl Pilz als auch Janssen hatten offenbar mit ihren sachlichen, aber auch emotionalen Beiträgen über Alltäglichkeiten im Kaarster Leben, die durch zu viel Fluglärm stark beeinträchtigt seien, vielen Bürgern aus dem Herzen gesprochen. „Ich lebe seit Jahrzehnten in Kaarst — ausgesprochen gerne“, versicherte Janssen. Doch mittlerweile fühle sie sich unter „Dauerbeschuss“ und massiv eingeschränkt in ihrer Lebensqualität. Zudem habe Fluglärm erheblichen Einfluss auf die Gesundheit. Dazu zählte die Medizinerin auf: Schlaflosigkeit, Bluthochdruck, geringere Leistungsfähigkeit der Kinder, Herzinfarktgefahr.
Nienhaus prangerte zudem „hunderte von möglichen Ausnahmen“ an. Mal seien es die Sonderregelungen für Home-Base-Carrier — das sind Fluggesellschaften mit einer Wartungsbasis in Düsseldorf, die ohne Angabe von Gründen bis 24 Uhr und von fünf bis sechs Uhr landen dürfen —, mal das Wetter und dann wieder die Bedingungen am Abflugort, zählte sie auf. Nienhaus: „Ich erwarte, dass sich der Flughafen an Regeln hält.“