Hitzewelle: Bauern fürchten um ihre Ernte
Landwirt Willi Bertrams rechnet mit Ernteausfällen und sorgt sich um seine Kühe.
Rhein-Kreis Neuss. Nein, das hat Willi Bertrams aus Schlich noch nicht erlebt. "Selbst die Senioren im Ort sprechen vom trockensten Sommer aller Zeiten", sagt der Bauer, knickt eine Ähre vom Halm und zerbröselt den Weizen vorsichtig zwischen den Fingern. Dann deutet der 59-Jährige auf die Körner, die zurückbleiben, und sagt nüchtern: "Ziemlich klein."
Es steht schlecht um die Ernte. Der Boden ist knochentrocken, seit Wochen hat es kaum geregnet. Bei Bertrams pumpen Maschinen fast rund um die Uhr Wasser aus dem Tiefbrunnen auf einzelne Felder. Damit kann Bertrams einen Teil der Ernte retten: "Aber natürlich kostet das zusätzlich."
Die Gerste hat Bertrams schon eingebracht und Glück gehabt: "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen." Anders der Weizen: Noch kann der Bauer den Verlust nicht beziffern, erst am Mittwoch Nachmittag ging’s zum ersten Mal zum Mähen auf den Acker. "Wenn es nicht bald richtig regnet, haben wir Verluste im zweistelligen Bereich." Und damit ginge es ihm noch besser als anderen Bauern im Kreis, sagt er. Der Standort in Schlich bringe Vorteile, "die Erde speichert das Wasser gut. Anderswo - etwa in Kaarst - ist der Boden sandiger".
Bertrams stapft durch den Stall und scheucht hunderte Fliegen auf, von der Decke hängen Fliegenfänger, schwarz vor toten Tieren. Die Plage sei mit der Hitze gekommen. "Das habe ich so noch nicht gesehen", meint er. Die Temperaturen über 30 Grad machen auch den Rindern zu schaffen, fressen wollen sie auf der Weide kaum - dafür müssen sie viel Wasser trinken. Mehrmals am Tag füllt Bertrams jetzt die Tränken. Trotzdem ist die Milchleistung zurückgegangen: "Um rund 10 Prozent", sagt er.
Sorgen macht er sich auch um den Futtermais. Jetzt bilden die Pflanzen ihre Kolben aus, verbrauchen dabei besonders viel Wasser. Allein durch Gießen lassen sie sich nicht retten. Dabei soll der Mais Milchkühe und Bullen, die der Bauer züchtet, auch über den Winter bringen. "Wer keine Vorräte angelegt hat, steht vor einem großen Problem", sagt Bertrams. Seine Reserve reicht noch für ein Dreivierteljahr. Das heißt, er hat gut vorgesorgt.
Jetzt studiert Bertrams jeden Morgen das Wetterfax und hofft auf den angekündigten Regen. Nur stürmen dürfe es nicht: "Kurz vor der Ernte können die Ähren bei Sturm von den Halmen brechen." Auch Hagel könne die Ernte zerstören.
Die Getreidepreise werden wegen der schlechten Ernte anziehen - das glaubt auch Bertrams, ärgert sich aber, dass nun die Verantwortung für höhere Brotpreise den Bauern zugesprochen werde. Das Mehl pro Brötchen koste einen halben Cent. "Wir reden also von einem weiteren halben Cent Aufpreis", sagt Bertrams und seufzt.