Jugendliche lernen die hohe Kunst des Schauspielens
Profi Jale Maria Gönenc leitet den intensiven Ferienkurs.
Neuss. Emely geht mit langsamen Schritten auf Ilea zu, bis sie unmittelbar vor ihr steht. Vorsichtig greift sie nach ihrem Schal und wickelt ihn behutsam von ihrem Hals. Dann legt ihn sich Emily selbst um und kuschelt sich hinein. Die beiden Mädchen lehnen sich aneinander und halten sich fest. Und sie sind einfach still.
„Ja, das ist traurig“ — diesen einprägsamen Satz aus Georg Büchners Komödie Leonce und Lena sollten die beiden Mädchen aus Neuss darstellen — ohne Worte, mit Mimik, Haltung und Bewegungen. Die Sprache, die keine Worte braucht. Das ABC der Schauspielkunst lernen sie zusammen mit sechs anderen Jugendlichen aus der Gegend. Im Kulturforum Alte Post nehmen sie an einem Ferienkurs, geleitet von Jale Maria Gönenc, teil. Der Kurs geht knapp 30 Stunden an fünf Tagen. Es ist ein anspruchsvolles Programm für die Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren.
„Theater lebt von der Intensität, von der Spannung“, sagt Gönenc, die als Schauspielerin und Regisseurin schon in Köln, Frankfurt und Wien gearbeitet hat.
Zuerst gehe es darum, dass die Jugendlichen sich selbst wahrnehmen, die eigene Bewegung, Haltung, das Atmen. „Bei der Schauspielerei ist der eigene Körper das Werkzeug“, erklärt die Dozentin. Im Kurs trainieren sie, das alles überlegt einzusetzen. So wie Emily, die beim Hinlaufen und beim Abwickeln des Schals nicht schneller wird. „Das sind Momente, die müssen erst einmal ausgehalten werden“, sagt Gönenc.
Der nächste Schritt ist, dass die Jugendlichen auf den Raum achten, vor allem auf die Distanz zum Anderen. So ist es ein Akt von Intimität, wenn Emely Ileas Schal greift und diese es zulässt. Gönenc: „Das Leben gibt uns alle Mittel, wir müssen sie nur künstlerisch gestalten.“
Emily würde das gerne später machen, als Regisseurin oder Schauspielerin. Am liebsten beim Musical, erzählt die Zwölfjährige. Immerhin hat sie schon bei der Castingshow The Voice Kids die zweite Runde erreicht.
