Kaarst: Protest - Arztpraxis ins Zelt verlegt
Zwei Drittel der Kaarster Hausärzte schließen in dieser Woche ihre Praxen, um vor der Gesundheitsreform zu warnen.
Kaarst. In gut zwei Wochen, am 1. April, tritt die Gesundheitsreform in Kraft. "Sie reguliert nach unserem Eindruck eher nach Kostenaspekten als nach wissenschaftlichen Kriterien. Das neue Gesetz verspricht Wettbewerb, bewirkt aber Staatsmedizin und ist deshalb eine Gefahr für die medizinische Versorgung", sagt Dr. Winfried Kluth vom Ärztenetz Kaarst. Um gegen die Gesundheitsreform zu protestieren, behandeln seit Montag zwei Drittel der Kaarster Hausärzte abwechselnd ihre Patienten in einem Zelt vor dem Rathaus am Neumarkt. Computer oder andere technische Diagnose-Instrumente sucht man dort vergebens. Ein Heizstrahler sorgt notdürftig für etwas angenehmere Temperaturen in dem Zelt. "Die Politik hat ihre Augen und Ohren vor unseren Warnungen verschlossen, jetzt wollen wir die Patienten überzeugen, etwas gegen das Gesetz zu unternehmen", erläutert Kluth. Er befürchtet, dass durch das neue Gesetz künftig Praxen in Kaarst schließen müssen. "Es ist jetzt schon schwierig, Nachfolger für eine Praxis zu finden. In Büttgen haben deshalb zwei Praxen geschlossen. Die Hälfte aller Jungmediziner geht lieber in die Pharmaindustrie oder in andere Firmen", weiß der 61-Jährige. Er erwartet langfristig eine medizinische Versorgungslücke. "Den Arzt in direkter Nachbarschaft wird es künftig nicht mehr geben", befürchtet der Mediziner.
Die Resonanz der rund 75 Patienten auf die Protestaktion wertet Kluth positiv. Auch Patientin Ingeborg Theuner unterstützt die Aktion: "Es ist doch gut, dass es überhaupt noch Ärzte gibt. Ich bin seit 1949 versichert und muss immer mehr zahlen", klagt sie. Die Ärzte hoffen nun, dass sich viele Patienten schriftlich an die Politiker wenden und protestieren. "Wir streiken nicht. Es ist ein Protest von Ärzten für unsere Patienten", sagt Kluth.