Karl Schorn: Von der Suche nach dem bekannten Opa
Im Jahr 1971 starb der Neusser Dichter. Für Enkel Wolfgang verlief die Suche nach seinem Grab erfolglos — nur die Platte konnte er sichern.
Neuss. Im Neusser Stadtbild erinnert eine Plakette am Blutturm und eine kleine Straße in der Nordstadt an Karl Schorn, den — wie er es selbst einmal formulierte — „eigensinnigen“ Neusser Dichter und Schriftsteller. Wer aber im Neuss der Gegenwart wie Wolfgang Schorn (64) das Grab des Literaten sucht, der wird nicht mehr fündig. Zu spät. Es wurde geräumt. Dennoch lohnte sich für Enkel Wolfgang die Spurensuche, denn es existiert noch die Grabplatte, die einst an den 1971 verstorbenen Großvater erinnerte. Das von der Künstlerin Katharina Hall-Krieger gestaltete Mosaik war auf dem Friedhof eingelagert worden. „Er ist uns durch seine kunstvolle und zugleich ungewöhnliche Gestaltung aufgefallen“, sagt Peter Küsters (58), „darum haben wir ihn aufbewahrt.“ Eine gute Tat.
Karl Schorn gehört zu den bekannten Söhnen der Stadt Neuss. Sein Werk umfasst historische Romane, Erzählungen, Reisebeschreibungen, Aphorismen und Gedichte; ein Großteil seiner Schriften wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Dank der Vereinigung der Heimatfreunde erschien 1993 posthum sein Neuss-Roman „Thomas Bontmaker. Das spanische Feuer“.
Schorn wird vielfach als Persönlichkeit mit einer gebrochenen Vita skizziert — und so sah er sich wohl auch selbst. Er selbst resümierte 1958 in seinem Prosa- und Gedichtband „Die fernen Türme“: „Ich wollte die Freiheit, aber ich wollte auch Sicherheit. Und ich musste erfahren, dass Freiheit mit Sicherheit und Sicherheit mit Freiheit bezahlt werden muss.“ Er trennte sich von seiner Familie und zog in das alte Gemäuer an der Promenade.
Ins Bild passt auch, dass Enkel Wolfgang nur verschwommene Erinnerung an den Großvater hat: „Ich bin ihm selten begegnet. Er und mein Vater haben sich nicht gut verstanden.“ Wolfgang Schorn hatte „aus unterschiedlichen Gründen“ das Grab des Großvaters viele Jahre nicht besucht. Als er sich vor wenigen Wochen wieder auf den Weg machte, war ihm dessen Lage entfallen. Inzwischen weiß er, dass es eingeebnet wurde. Nach 20 Jahren war das Urnenwahlgrab „abgelaufen“. Schriftliche Anfragen an die Angehörigen blieben, so ein Sprecher der Stadt Neuss, unbeantwortet. Dennoch existierte das Grab, bis vor knapp zwei Jahren der Pfingststurm „Ela“ wütete und Bäume entwurzelt wurden. Im Zuge der Aufräumarbeiten wurde Schorns letzte Ruhestätte geräumt — aber die Grabplatte gerettet. Und nun?
Enkel Wolfgang Schorn wünscht sich, dass die Stadt „mit Zeugnissen ihrer Geschichte“ achtsam umgeht. Womöglich findet sich ein Plätzchen für den verdienten Bürger, der einst auch in seinen letzten Lebensjahren von der Stadt Neuss eine kleine Rente erhielt. Seine Ruhestätte liegt im Gräberfeld B27a ...