Kehrtwende bei Hammfeld II
CDU und Grüne sprechen sich gegen „Kompakte Handelswelt“ im Gewerbegebiet aus. SPD und FDP sind weiter dafür.
Neuss. Der Koalition von CDU und Grünen ist es egal, was in dem Beirat zur Weiterentwicklung des „Gewerbegebietes Hammfeld II“ auch mit CDU-Stimmen beschlossen wurde. Wenn am Mittwoch der noch von SPD und FDP verteidigte Rahmenplan im Planungsausschuss zur Abstimmung kommt, setzt sie ein eigenes Modell dagegen: Keine „Kompakte Handelswelt“ mehr, sondern Umwandlung der Gesamtfläche in ein Gewerbegebiet ohne weitere Zweckbestimmung. Von dieser Wendung ausgeschlossen bleibt nur der Sconto-Möbeldiscount. „Den haben wir dem Investor Kurt Krieger zugesagt“, erklärt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Michael Klinkicht die Ausnahme.
Wie die Restfläche stattdessen entwickelt wird, ist damit vorderhand wieder offen. Doch die Koalition hat eine Idee: Der „Medizin-Biotechnologie-Park“, der derzeit für Kaarst im Gespräch ist, würde in das Schema „innovatives Gewerbe“ passen, das vor allem die Grünen vor Augen haben. Es sei ein Antrag an den Rat in Vorbereitung, so Klinkicht, mit dem CDU und Grüne die Verwaltung auffordern wollen, Verhandlungen mit dem Projektentwickler aufzunehmen. Dieser medizintechnische Cluster, der Tausende hochqualifizierte Arbeitsplätze bedeuten könnte, war in Neuss schon vor Monaten der Politik bekannt. Ein vertraulicher Vermerk, der fast allen Fraktionen zugänglich gemacht wurde, gibt den Inhalt von Gesprächen einiger Grünen-Politiker in dieser Sache aus dem vergangenen November wieder.
Klinkicht und die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann hatten öffentlich dargestellt, der Möbelhaus-Investor Krieger wäre einverstanden, auf weiteren großflächigen Einzelhandel im Hammfeld zu verzichten, wenn er den Sconto-Markt bauen darf. Diesen Eindruck hatten Arno Jansen und Manfred Bodewig nun ganz und gar nicht. Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und FDP haben erst am Donnerstag mit dem Investor gesprochen, der noch bis 2018 an einen Optionsvertrag zur Entwicklung der Gesamtfläche gebunden bleibt. „Man war erstaunt, dass das Thema Medizinpark wieder hochkommt“, sagt Jansen (SPD), der einen solchen Firmen-Cluster in Nachbarschaft zu zwei Möbelhäusern völlig unrealistisch nennt. Er hält wie Bodewig an der im Beirat verabredeten Linie fest, neben dem Möbel-Discount eine weitere Fläche für Einzelhandel auszuweisen. Das sei auch Kriegers Intention, sagt Jansen. „Er präferiert einen Baumarkt, weil sich ein solcher mit Möbelhäusern gut ergänzt, würde aber auch einen Fahrradgroßmarkt wohl akzeptieren.“
Beide befürchten einen Schaden für die Stadt, wenn die Koalition auf einem „Rahmenplan ohne Handel“ besteht. Wird nur der Sconto gebaut und die Restfläche bliebe womöglich über Jahre brach, wäre das aus ihrer Sicht die schlechteste Lösung.
Aber es gibt andere Gründe als Stadtentwicklung und ein Grundstücksgeschäft, das den Haushalt 2017 retten könnte. In der CDU-Fraktion wird zwar auch gemurrt, Sachpolitik würde der Parteiräson unterworfen, doch ist die Lage bei den Grünen kritischer. Beim Parteitag Anfang Juni wurde deutlich, dass für die Basis Einzelhandel im Hammfeld Anlass für den Koalitionsbruch ist — auch wenn ein bindender Beschluss dazu unterblieb.