Klaus Krützen hält Brandrede bei SPD-Treffen
Beim Stadtparteitag in Grevenbroich prangerte Krützen vor allem das Kirchturmdenken an.
Grevenbroich. 381 Unterschriften gegen die geplante Umleitung durch Barrenstein kamen in knapp drei Tagen im Dorf zusammen. Vor der gestrigen Ratssitzung übergaben UWG-Ratsherr Leo Oehmen und der Barrensteiner Michael Pfeiffer die Unterschriftenliste an die Stadt. Die Protestaktion war aber bereits am Abend zuvor Thema beim Stadtparteitag der SPD. Bürgermeister Klaus Krützen nutzte das Beispiel Barrenstein für einen vehementen Appell an die Politik, die Stadt als Ganzes im Blick zu halten, Kirchturmdenken zu vermeiden.
„Die treibenden Kräfte im Stadtrat sind die SPD und die CDU“, konstatierte der Bürgermeister. „Die kleineren Fraktionen beteiligen sich zu wenig an der Entwicklung unserer Stadt — und sind zu selten bereit, Verantwortung zu übernehmen, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen“, erklärte Krützen. „Wenn sich die Lage nach der Landtagswahl beruhigt hat, müssen die progressiven Kräfte im Stadtrat darüber nachdenken, wie das Schiff Stadt auf Kurs zu halten ist.“ Ob das als Ankündigung für eine künftige stärkere Kooperation der beiden „großen“ Ratsfraktionen zu werten ist, führte Krützen in der SPD-Versammlung nicht weiter aus.
Ein weiteres Problem aus Sicht des Bürgermeisters: Der Stadtrat sei in den vergangenen Monaten durch die am Sonntag bevorstehende Landtagswahl in seiner Arbeit „gelähmt“ gewesen. Krützen fragt sich bereits, „ob es sinnvoll ist, im letzten Halbjahr vor der nächsten Kommunalwahl überhaupt noch eine Ratssitzung anzusetzen“.
Klaus Krützen
Vor den Genossen des Stadtverbandes redete sich der Verwaltungschef seinen Ärger von der Seele. Da habe die Stadt erreicht, dass die Landesstraße 142 in Langwaden früher als geplant saniert werde, indem sie die Planung für den Landesbetrieb Straßen.NRW übernehme. „Und dann erklären Ratsherren, dass die geplante Umleitung nicht möglich sei, weil dann Barrenstein ein Verkehrschaos habe — weil dann fünf Monate lang mehr Lkw durch den Ort fahren.“ Solle die dringend nötige Sanierung der L 142 deswegen nun gestoppt werden, fragt Krützen.
Die Politik müsse nicht nur die Interessen der einzelnen Orte, sondern der gesamten Stadt im Blick haben, appellierte der Bürgermeister und lenkte das Thema auf eine wesentliche Zukunftsfrage — „den Abbau des strukturellen Defizits der Stadt von jährlich elf, zwölf Millionen Euro. Dafür müssen wir Entscheidungen im Rat treffen, um unser Sanierungsziel zu erreichen“. Keinen Zweifel lässt der Verwaltungschef daran, welche Bedeutung die Haushaltskonsolidierung habe: Die letzte Haushaltsgenehmigung im März durch Landrat Hans-Jürgen Petrauschke sei schärfer formuliert als in den früheren Jahren. „Irgendwann sagt die Finanzaufsicht: ,Die Roten können nicht mit Geld umgehen, wir genehmigen den Etat nicht’“, erklärt der Bürgermeister und SPD-Politiker. Und das würde für Grevenbroich den Sparkommissar bedeuten. Den aber gelte es auf jeden Fall zu verhindern, um die Entscheidungsmöglichkeiten der Kommunalpolitik zu wahren und weiterhin Investitionen zu ermöglichen.
Dafür sei aber eben im Stadtrat der Blick aufs Ganze erforderlich. Mit Blick auf die Haushaltskonsolidierung müssten vorhandene Standards überprüft werden. „Eingruppige Kitas haben eine andere Wirtschaftlichkeit als große Kindergärten mit beispielsweise fünf Gruppen. Wir leisten uns aber in vielen Stadtteilen kleinere Kindergärten. Solche Standards müssen wir hinterfragen“, meinte Klaus Krützen. Wenn nötig, seien auch unpopuläre Entscheidungen erforderlich, um die Stadt für die Zukunft aufzustellen.
Bleibt die Frage, ob es auch bei der Umleitung durch Barrenstein nach der Unterschriftenaktion eine unpopuläre Entscheidung geben wird. Die Stadt lädt zu einer Bürgerinformation zur Straßensanierung und Umleitung am Donnerstag, 18. Mai, 18 Uhr, in der Schützenhalle Barrenstein ein.