Koalitionsvertrag von CDU-Basis mehrheitlich unterstützt
Die Kreismitglieder kritisieren dennoch Teile des Groko-Dokuments.
Neuss. Die CDU-Mitglieder haben Gesprächsbedarf. Diese Erkenntnis nehmen die Delegierten aus dem Kreis mit nach Berlin, wo heute der Bundesparteitag der Christdemokraten stattfindet. Zuvor legten Mandats- und Amtsträger um Minister Hermann Gröhe ihre Hand an den Puls der Basis.
Mehr als 70 Mitglieder aus dem „Gröhe“-Wahlkreis — Dormagen, Grevenbroich, Neuss und Rommerskirchen — waren der Einladung in die Neusser Parteizentrale gefolgt, um den Vertrag für eine Große Koalition zu diskutieren. Es wurden 120 spannende Minuten, in denen mehr Kritik als Lob für das 177 Seiten starke Werk laut wurde. Allem Unbehagen zum Trotz gab’s am Ende Beifall für Cornel Hüsch. Der frühere Neusser CDU-Chef dankte Gröhe für „harte Verhandlungen“, wobei er den Vertrag schon als Vorbereitung auf die nächsten Bundestagswahlen interpretierte: „Wir wollen eine Politik, die die Mitte stärkt und zugleich die Ränder einbindet.“ Hüsch rief den Delegierten zu: „Fahrt nach Berlin und stimmt zu.“ Kein Widerspruch.
In vielen Redebeiträgen drückte sich dennoch Unzufriedenheit am Koalitionsvertrag aus. Die Kritik hatte keinen einheitlichen Fokus, blieb in Einzelfallbetrachtungen stecken: fehlende Steuerentlastung für Leistungsträger, Mehrzahlungen für Europa bei gleichzeitigem Verlust von Einfluss für Deutschland, kaum Stärkung der Bundeswehr, mehr Bürokratie und Reglementierung.
Tief sitzt in der CDU-Basis der Frust, dass das Finanzministerium künftig von einem Sozialdemokraten geführt werden soll. Den Verlust bezeichnete Gröhe als „schmerzlich“, er sei aber zu akzeptieren. Auch 2005, zu Beginn der Ära Merkel, habe die SPD mit Peer Steinbrück den Finanzminister gestellt, obwohl das Auswärtige Amt und das Arbeitsministerium von Sozialdemokraten geführt wurden. Daher komme der Unions-Bundestagsfraktion künftig ein „Wächteramt“ zu; daher sei es richtig, einen Koalitionsvertrag zu haben, der ins Detail gehe.
Nach der lebhaften Debatte war die Zustimmung vor allem zum Veranstaltungsformat groß. „Die Partei lebt“, sagte Cornel Hüsch und auch Wolfgang F. Karsten (75), der sich zuvor mehrfach kritisch geäußert hatte, war zufrieden. Er wolle ja keine Stimmung gegen den Groko-Vertrag machen, sagte der Ex-Banker: „Ich möchte Merkpunkte für die Zukunft ansprechen.“ Und da habe er den Eindruck, er sei gehört worden.