Konverter: Bürgermeister Napp bezieht Stellung

Bürgermeister Herbert Napp zu der allgemeinen Ablehnung im Kreis.

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Herr Napp, wie definieren Sie das St.-Florian-Prinzip?
Herbert Napp: So, wie der Satz es sagt: Verschon mein Haus, zünd’s andere an. Oder wie der Engländer sagt: Not in my backyard. Oder: Als den Gipfel des Egoismus.

Osterath war im Aufstand, Dormagen kämpft gegen den Standort Gohr, der Kreis verabschiedet Resolutionen, in Hoisten wehren sich die Windkraftgegner auch gegen den Konverter, in Rommerskirchen formiert sich eine Bürgerinitiative. Kann der Kreis konverterfrei bleiben?
Napp: Ich denke, wenn wir die Energiewende ernst nehmen, folgt daraus, dass es eine große Stromtrasse von Nord nach Süd geben muss, und die braucht einen Konverter. Einfach nein zu sagen geht da nicht.

Das Thema ist emotional hoch besetzt. Nicht wenige Anwohner fürchten eine Strahlenbelastung.
Napp:
Das sind doch auch die, die ständig ein Handy am Ohr haben. Ich halte das für ein vorgeschobenes Argument. Eine Strahlenbelastung ist nicht nachgewiesen. In den Studien heißt es lediglich, die sei nicht auszuschließen. Aber was ist schon generell auszuschließen?

Können Sie Bedenken, einen solchen Konverter-Klotz quasi vor der Haustür zu haben, nicht nachvollziehen?
Napp:
Es gibt nun einmal kein Grundrecht auf freien Blick in die Landschaft.

Sie sagen also: Wenn es sein muss, kann der Konverter auch in Neuss stehen?
Napp:
Wenn es denn sein muss. Ich halte eine generelle Ablehnung nicht für gesellschaftsdienlich. Auch die Neusser Gesellschaft braucht die Energiewende. Allerdings gilt: Es muss einen verträglichen Standort geben, und auch die Einbindung in die Landschaft muss einigermaßen verträglich sein. Aber klar ist: Schön wird’s nie.

Herbert Napp

Stehen Sie mit dieser Haltung im Kreis nicht ziemlich allein?
Napp:
Ja, das stimmt, Mitstreiter habe ich noch nicht gefunden.

Vielleicht, weil Sie nicht an eine Wiederwahl denken müssen?
Napp:
Nein. Ich denke, eine nachhaltig erfolgreiche Politik gibt es nur, wenn man Vernunft walten lässt. Das ist den Wählern dann auch plausibel zu machen. Aufgabe von Politik ist es doch, vernünftige Entscheidungen vorzubereiten und sie dann dem Wähler zu vermitteln.

Hat Amprion in der Konverter-Frage alles richtig gemacht?
Napp:
Nein. Es war doch wohl ein signifikanter Fehler, erst Osterath vorzuschlagen und dann nach den heftigen Protesten Alternativen aufzuzeigen. Das ist der falsche Weg. Man muss zunächst Alternativen aufzeigen und dann einen Kompromiss suchen.

Was denken Sie, wie es jetzt weitergehen könnte?
Napp:
Die sechs von Amprion genannten Vorschläge werden ja weiter geprüft. Dem Vernehmen nach haben der Kreis und die Stadt Kaarst allerdings eine Gleisdreiecksfläche auf Kaarster Stadtgebiet angeboten. Wenn es einen streitfreien Vorschlag gibt, wäre Amprion doch verrückt, das nicht zu untersuchen. Bislang ist da aber wohl noch nichts geschehen.

Werden Sie in Ihrer Amtszeit noch eine Entscheidung erleben?
Napp:
Zunächst muss man ja mal sagen: Solange die Stromtrasse in Bayern nicht ankommt, brauchen wir auch keinen Konverter. Aber wenn es soweit ist . . . Um zu Ihrer Frage zu kommen: Nein, das werde ich in den verbleibenden eineinhalb Jahren wohl nicht mehr erleben.