Krammarkt als Erfolgsmodell
In der Neusser Innenstadt setzen die Märkte die Tradition des Mittelalters fort. 200 Beschicker sind immer dabei.
Neuss. Das Parkhaus ungewöhnlich gut gefüllt, kaum freie Plätze in den Cafés, Gedränge auf dem Markt, dem Münsterplatz und Freithof: Die Krammarktsaison in der Neusser Innenstadt ist eröffnet. Am Mittwoch begutachten wie stets an den sechs Markttagen im Jahr zahllose Neusser und Besucher aus den umliegenden Städten die Angebote.
Es ist fast alles wie immer, und genau das mögen die Besucher. Der Miederstand an der Spulgasse, der Schaumstoffzuschneider vor dem Quirinusmünster, zahllose Stände mit Textilien, die Lavendelsäckchen, der Besteckverkäufer, die Schals („zweifarbig schangschierend“), Knöpfe, Reißverschlüsse und Küchenmesser, Gardinen, Taschen und Putzlappen jeder Art. Wieder sind etwa 200 Händler dabei.
Dazwischen macht Ralf Weyers seine Runde. Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes, in einem Team zuständig für Märkte und Kirmessen, ist seit 3.45 Uhr unterwegs. Und er wird erst gehen, wenn der letzte Stand abgeräumt ist, „so gegen 20 Uhr, hoffe ich“, sagt er.
Weyers ist Krammarkt-Experte, seit vielen Jahren dabei wie auch Frank Stiller, der fürs Finanzielle zuständig ist. Beide mögen den Markt, kennen die Beschicker, von denen viele schon seit Jahrzehnten immer wiederkommen; einige sogar schon in der zweiten Generation.
Den Erfolg der Krammärkte über die Jahre hinweg erklären sich Weyers und Stiller mit der Vielfalt der Waren, aber auch mit einigen sehr speziellen Angeboten, die sonst so kaum zu finden seien. „Und außerdem ist der Krammarkt immer auch Treffpunkt. Viele Besucher verabreden sich: gucken, kaufen, ins Café zum Frühstücken, dann wieder rumlaufen und kaufen“, sagt Weyers.
Die Beschicker müssen sich bis Ende Oktober für die Märkte im folgenden Jahr bewerben. Die Zusage gibt’s nur im Paket für alle sechs Termine. Die Gebühren sind niedrig — deutlich geringer jedenfalls als bei vergleichbaren Veranstaltungen privater Organisatoren. 6 Euro je Meter zahlen die Beschicker für ihre kleinen und größeren Stände. Einige 1000 Euro bleiben am Jahresende übrig — willkommene Einnahme in der Stadtkasse, um die Löcher aus der Organisation kleinerer Kirmessen zu stopfen.
Johannis-, Jakobus- und Martinimarkt lassen sich in Neuss bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Ob sie auch eine Zukunft haben? Ralf Weyers und Frank Stiller sind davon überzeugt. Auch wenn die Zahl der Bewerbungen zurückgeht. „Die Arbeit ist ein Knochenjob“, sagt Weyers. Und Verdienste wie noch vor 20 Jahren seien auch nicht mehr drin. Aber immer noch gibt es für die Neusser Krammärkte mehr Bewerbungen als Standplätze.
“ Die restlichen Krammärkte des Jahres: 2. Mai: Maimarkt, 25. Juni: Johannismarkt, 25. Juli: Jakobusmarkt, 9. Oktober: Oktobermarkt, 12. November: Martinimarkt.