Leichte Kost bei Kerzenschein
DKN spielt im Rosengarten Musical- und Filmhits.
Neuss. Am Nachmittag ist das Wetter noch ein wenig unwägbar, Regen und Sonnenschein wechseln sich nahezu halbstündlich ab. Doch das stört kaum: Wenn die Deutsche Kammerakademie Neuss am Rhein (DKN) zur Klassiknacht im Rosengarten spielt, ist es ein Vergnügen.
Das wird schnell klar an diesem Freitagabend, als sich nach und nach knapp 4000 Zuhörer auf der Wiese einfinden, Decken ausbreiten, auf Bierbänken und unter Bäumen Platz nehmen, um sich mit Wein, Käse und Schnittchen auf das Open-Air-Konzert einzustimmen. Musikjournalist Wolfram Goertz, der erneut locker und flott moderiert, witzelt: „Ich sehe Gurken und Tomaten. Scheinbar ist man zum normalen Essverhalten übergegangen.“ Und zum Glück regnet es dann auch nicht mehr, Fleece-Decken wärmen am späteren Abend. „So kalt war’s noch nie“, klagt eine Besucherin, und ihre Nase ist rot wie eine reife Himbeere.
Die zwölfte Klassiknacht passt sehr gut zum Rahmen und zum Sponsor 3M, hatte Unternehmenssprecher Manfred Kremer im Vorfeld betont — und spielte auf das „amerikanische“ Programm an. Thematisch eher im Bereich der leichten Muse, beweist das Orchester mit dem Motto „Classic goes pop“ einmal mehr seine Wandlungsfähigkeit und präsentiert ein Crossover-Konzert mit Musical- und Filmhits. Die gefälligen Melodien treffen nicht jeden Nerv, doch die meisten Zuhörer wippen etwa bei der Beatles-Interpretation von „A Ticket to Ride“ oder ausgewählten Stücken aus der „West Side Story“ beschwingt mit den Füßen mit.
An guten Tagen ist die Deutsche Kammerakademie ein wunderbarer Klangkörper — und sie enttäuscht auch nicht unter neuer Leitung: Zum ersten Mal nach sieben Jahren führt nicht Chef-Dirigent Lavard Skou-Larsen sein Orchester durch die Klassiknacht, sondern Gastdirigent Franz Anton Krager. Der Amerikaner mit österreichischen Wurzeln wird in der Szene als Crossover-Spezialist gefeiert. Er animiert das Neusser Ensemble zu frischem Spiel und begeistert mit seiner ganz und gar uneitlen Art. Mit Schal um den Hals wirkt seine Ehefrau Deborah Krager ein wenig angeschlagen, sie ist die Solistin des Abends und singt recht angestrengt, die Töne klingen leicht heiser — so etwa bei ihren Spirituals oder „Summertime“.
Bevor es Krager und die DKN mit den Queen-Hits „We will rock you“ und „We are the Champions“ noch vor dem Feuerwerk krachen lassen, wird es mit Cole Porter noch einmal romantisch. Leise Töne waren bei den Zugaben freilich nicht mehr gefragt: Ist doch Edward Elgars „Pomp and Circumstance“ unverzichtbarer Bestandteil jeder Klassiknacht. Am Ende großer Jubel, dann werden die letzten Kerzen gelöscht und die Besucher schlendern entspannt nach Hause.