Lesung: Ulf Erdmann Ziegler liest aus „Nichts Weißes“

Spielort des Familienromans ist die Pomona.

Neuss. Wer hätte gedacht, dass von allen Neusser Stadtteilen ausgerechnet der an großer Historie etwas ärmeren Pomona mal ein literarisches Denkmal gesetzt wird? Autor Ulf Erdmann Ziegler hat mit seinem Roman „Nichts Weißes“, der es 2012 auf die Shortlist für den deutschen Buchpreis schaffte, genau das getan.

Seine Hauptfigur, Marleen Schuller, geboren 1965, wächst mit ihren drei Geschwistern dort auf, und obwohl sie ihr späteres Leben als Typographin in Metropolen wie Paris und New York führt, bleibt sie tief geprägt von ihrer Kindheit und Jugend in Neuss.

Warum er als Heimatstadt Marleens Neuss, und hier besonders die Pomona, als Schauplatz gewählt habe, lautet auch gleich die erste Frage, die Stadtbibliotheksmitarbeiterin Ursel Hebben dem Autor zu Beginn seiner Lesung stellt. „Da mein Roman zu einem großen Teil in der Werbeszene der 60er und 70er Jahren spielt, fiel meine Wahl zunächst auf Düsseldorf.

Ich wollte aber noch einen zweiten Ort, weil ich auch dieses Pendeln und die ständige Bewegung mit hineinbringen wollte. So fiel meine Wahl bald auf Neuss “, antwortet Ziegler. Als er zufällig ein Ortsschild mit dem eigenwilligen Namen Pomona auf einer Autofahrt entdeckt und daraufhin den Stadtteil besichtigt habe, sei die Entscheidung gefallen.

Das Buch beeindruckt durch seine Vielschichtigkeit und die spannenden Gegensätze zwischen Tradition und Moderne. „Nichts Weißes“ ist in erster Linie ein Familienroman, der die Geschichte der Familie Schuller erzählt und zugleich ein scharfes Porträt der ästhetischen und gesellschaftlichen Veränderungen von der Nachkriegszeit bis ins Jetzt liefert. „Mich interessiert die Fragestellung, wie und warum man das geworden ist, was man heute ist“, sagt Ziegler.

Seine Figuren sind bei all ihren individuellen Veränderungen immer auch dem Zeitgeist unterworfen. So spielt auch der Säkularisierungsprozess der 68er-Bewegung eine große Rolle im Buch. Marleens persönliche Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche kann stellvertretend für eine ganze Generation gesehen werden und ist auch mit ein Grund, warum Zieglers Wahl für den Ort ihrer Kindheit auf Neuss fiel: „Mir gefiel, dass Neuss zwar eine sehr klare katholische Prägung hat, die aber nicht so extrem wie beispielsweise in bayerischen Städten ist.“