Luftfahrt-Zulieferer: 145 Beschäftigte bangen um Job
Das Unternehmen Goodrich Control Systems plant, den Standort in Neuss aufzugeben.
Neuss. Der Luftfahrt-Zulieferer Goodrich Control Systems steht in Neuss vor dem Aus. 145 Beschäftigte bangen um ihre Jobs. Frank Schönrock, Sprecher des Unternehmens, bestätigt, dass es „Pläne gibt, den Standort mittelfristig aufzulösen“.
Auf die Frage, ob die Entscheidung bereits gefallen sei, antwortet er zwar, dass es sich „bislang lediglich um Pläne“ handele. Allerdings sollen diese, so ist anderweitig zu vernehmen, schon weit gediehen sein. Demnach soll am 30. Juni 2019 Schluss am Standort Neuss sein und die Arbeit in das Werk der Goodrich Engine Control Systems ins englische Marston Green (Birmingham) verlagert werden. Offenbar sollen die Mitarbeiter in Neuss zuvor helfen, Beschäftigte aus dem Schwesternwerk anzulernen.
Betriebsratsvorsitzende Gisela Kosaric erklärt, dass die Nachricht von der geplanten Schließung des Standorts die Kollegen hart getroffen habe. Schließlich gehe es um deren Existenz. „Es ist ein Schock“, sagt Kosaric. Zudem gebe es großes Unverständnis bei der Belegschaft, weil die Auftragsbücher voll seien. Am Standort Neuss solle nun so viel wie möglich bis 30. Juni 2019 abgearbeitet werden.
Beim Luftfahrt-Zulieferer werden Triebwerk-Anbaukomponenten für Flugzeuge und Helikopter gefertigt. Zu den Kunden zählen Rolls Royce, United Airlines, US Airways und die Lufthansa. Auch die Bundeswehr ist ein großer Kunde von Goodrich Control Systems — insbesondere mit Blick auf Eurofighter und Tornado. Ralf Keller, Gewerkschaftssekretär der IG Metall, betont, dass auch die Politik gefordert sei, wenn eine Schlüsseltechnologie für die Bundeswehr — insbesondere mit Blick auf den Brexit — nach Großbritannien verlagert werden soll.
Unabhängig davon kündigt Keller an, dass Beschäftigte und IG Metall sich nicht kampflos fügen. Für den 13. Dezember, 10 Uhr, ist eine Kundgebung geplant. „Wir werden uns mit allen Kräften gegen die Schließungspläne wehren und Alternativen zur Schließung fordern“, betont Keller. Er verweist darauf, dass es sich um „hoch qualifizierte und gut bezahlte Industriearbeitsplätze in einer Zukunftsbranche mit Schlüsseltechnologie“ handele. „Fast einmalig in NRW“, sagt er: „Mit der Werksschließung würde wieder ein wichtiger Industriebetrieb mit langer Tradition verloren gehen.“ Das sieht auch Landtagsabgeordneter Jörg Geerlings (CDU) so, der bereits Gespräche mit dem Betriebsrat gesucht hat. Auch Bürgermeister Reiner Breuer hat sich eingeschaltet.
Goodrich Control Systems fußt in Neuss auf einer langen Geschichte. 1970 wurde die Pierburg Luftfahrt Geräte Union (PLU) in Neuss gegründet, die sich auf Herstellung, Reparatur und das Überholen von Triebwerkkontrollsystemen in Flugzeugen für die militärische und zivile Luftfahrt spezialisiert hatte. Ab 1986 folgten mehrere Eigentümerwechsel und Übernahmen. 2002 übernahm die Goodrich Corporation mit Sitz in North Carolina (USA), 2012 wurde Goodrich schließlich von der United Technologies Corporation (UTC) gekauft und in deren Aerospace-Sparte eingegliedert.
Bei der IG Metall ist man überzeugt, dass es sich bei der geplanten Standort-Aufgabe um eine strategische Entscheidung zur Gewinnoptimierung handelt. Die Auftragslage in Neuss sei schließlich gut und reiche für mehrere Jahre.