Matthias-Claudius-Schüler befassen sich mit Flüchtlingen

Die Kinder besuchten die Ausstellung „Unsere neuen Nachbarn“. Eine Mitschülerin kommt aus Afghanistan.

Foto: Stadt Kaarst

Kaarst. Die Mädchen und Jungen der jahrgangsgemischten Klasse M 3 der Matthias-Claudius-Grundschule sind kaum zu bremsen, als sie vom Besuch der Fotoausstellung „Unsere neuen Nachbarn“ erzählen. „Die Ausstellung hat mir sehr gut gefallen“, sagt Theresa (9). „An viele Kleinigkeiten auf den Bildern kann ich mich erinnern, weil sie mich so beeindruckt haben. Ein Mann war in eine orangene Decke gewickelt“, ergänzt sie. Und: „Es war schön, dass man durch die darunter stehenden Texte etwas über die Menschen erfahren hat.“

Sophie (6) und Ben (9) hat am meisten das Bild einer Mutter mit ihrem Neugeborenen berührt: „Die Frau hatte auf der Flucht ihren Mann verloren. Sie musste das Baby bei uns alleine bekommen“, erzählen sie. Marlena (7) faszinierte der glückliche Gesichtsausdruck der Menschen. „Er zeigt die Dankbarkeit, dass sie jetzt in Kaarst sind“, findet sie. Larissa (9) fügt hinzu: „Sie freuen sich, weil sie jetzt in einem sicheren Land sind“. Emilia (9) sagt leise: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Menschen woanders im Krieg leben müssen“.

Schulleiterin Miriam Eckel erlebte im Anschluss an die Ausstellung einen sehr großen Redebedarf ihrer Schüler. „Die Verarbeitung brauchte noch viel Zeit“, sagt sie. Zuvor hatten sich die Kinder im Sachunterricht mit Büchern, Filmen und Gesprächskreisen dem Thema „Fremd sein — willkommen sein“ genähert. Vor allem das Buch „Ula Pula — Meine Insel, deine Insel“ von Claudia Gürtler und Jürg Obrist zeigte auf kindgerechte Weise, wie durch sprachliche Missverständnisse Ängste und Vorurteile entstehen. Dass Sprache der einzige Schlüssel zur gelungenen Integration ist, begriffen die Kinder dadurch sehr schnell. Praktisch erleben sie das täglich durch ihre Mitschülerin Faese (10), ein afghanisches Mädchen, das seit Oktober 2015 in Kaarst lebt und seit Dezember ihre Klasse besucht. „Wir haben ihr Hefte mit Tieren gemacht und bringen ihr in jeder Pause ein paar neue deutsche Wörter bei“, erzählt Larissa. Als Dank schreibt Faese die Übersetzung in ihrer Sprache Dari darunter und vermittelt so ihren Mitschülern selbst einiges. „Die Kinder haben Faese völlig distanzlos und unverkrampft aufgenommen, ihr Freundschaftsbänder geschenkt und sie helfen ihr, wo sie können“, erzählt Eckel.

Larissa und Theresa haben Faese zu Hause besucht. „Sie hat für uns Bilder von ihrer Flucht über das Gebirge und das Meer gemalt“, so die Mitschülerinnen. Auch Faese hat die Fotoausstellung sehr gut gefallen. Schulsozialarbeiter Ahmad Aman, der aus Afghanistan stammt, übersetzt ihre Eindrücke. Sie erkannte Menschen aus der Notunterkunft wieder und konnte durch die Texte Hintergründe über deren Lebensgeschichten erfahren. In Kaarst fühle sie sich wohl, aber heimisch noch nicht. Heimat bliebe eben Heimat. Am meisten beeindrucke sie der jederzeit verfügbare Strom und die Möglichkeit des Schulbesuchs. „Sie ist sehr wissbegierig“, bestätigt Eckel. Ständig frage sie bei neuen Wörtern nach dem Artikel. „Ihr ist bewusst, dass Lernen das A und O und Bildung eine echte Chance ist“, übersetzt Aman.