Möhnen übernehmen die Macht

Schon um kurz nach elf Uhr erwischten sie den Bürgermeister, der sich ohne große Gegenwehr abführen ließ.

Foto: woi

Neuss. Die Möhnen hatten es gestern eilig: Schon um kurz nach elf Uhr hatten sie Bürgermeister Reiner Breuer an seinem Schreibtisch erwischt, ihm Ketten angelegt und anschließend unter Begleitung der Stadt- und Prinzengarde sowie des Tambourcorps auf den Marktplatz vor das Rathaus gezerrt. Auf der dortigen Bühne durfte der erste Bürger der Stadt noch ein paar letzte Worte sprechen — „Kaum bin ich 100 Tage im Rathaus, da muss ich schon wieder raus“ — da entriss ihm Novesia Sabine auch schon den Schlüssel der Stadt aus der Hand. Die etwa 300 bis 400 Jecken, die sich trotz Dauerregens vor der Bühne versammelt hatten, bejubelten die symbolische Geste mit einem dreifachen „Ons Nüss Helau!“. Auch in den Kneipen in der Innenstadt wurde friedlich, fröhlich und vor allem kostümiert gefeiert. Und natürlich wurden reichlich „Bützchen“ verteilt.

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Die Weiberfastnacht markiert traditionell den Übergang von Sitzungs- zum Straßenkarneval. Für den neuen Bürgermeister Reiner Breuer war es das erste Mal, dass er vom närrischen Treiben „überrascht“ wurde. „Als wir ihn in Kettten gelegt haben, hat er sich kaum gewehrt“, sagte die neue Regentin Novesia Sabine. „Aber jetzt weiß er ja Bescheid. Vielleicht gibt’s im nächsten Jahr etwas mehr Widerstand.“ Zur moralischen Begleitung der Novesia war selbstverständlich auch der Neusser Karnevalsprinz Marco Roeb gekommen. Dass jetzt seine Frau für die Karnevalstage über die Stadt herrscht, damit hat er kein Problem. „Zu Hause teilen wir uns die Regentschaft, an Altweiber hat natürlich sie das Sagen“, sagte er.

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Christian Pieper, zuständig für den City-Karneval in Neuss, freute sich über die vielen Besucher, die trotz des Regenwetters zur Party gekommen sind. „Die Karnevalisten haben sich gut mit Regenschirmen und -mänteln gegen das Wetter gewappnet. Die Stimmung ist klasse, ich bin sehr zufrieden“, sagte Pieper.

Auch der Präsident des Neusser Karnevalsausschusses, Jakob Beyen, ließ sich vom Dauerregen nicht die Stimmung vermiesen. „Mein Glas Wasser brauche ich nicht einmal nachzufüllen, das passiert ja automatisch“, sagte er — und streckte den Becher in Richtung des wolkenbedeckten Himmels.

Nach dem etwa vierstündigen Bühnenprogramm mit Schlüsselübergabe, Fassanstich, einem Auftritt des Kinderprinzenpaars der „Blauen Funken“ sowie weiteren Musik-Acts („Jolly Family“, „De Fetzer“, Dirk Elfgen, „Nüsser Jung Titschy“) ging das närrische Treiben im Zeughaus weiter.

Etwa 900 Jecke feierten dort ab 15 Uhr den vom Karnevalsausschuss veranstalteten „Möhneswing“.