Napp bemüht sich am letzten Arbeitstag um Normalität
Eine Abschiedsfeier für den bisherigen Bürgermeister gibt es nicht. Nach mehr als 17 Jahren im Amt trank er lieber ein Feierabendbier mit Freunden.
Neuss. Punkt 17.58 Uhr war für Herbert Napp gestern Feierabend. Nach mehr als 17 Jahren als Bürgermeister schloss der 69-Jährige letztmalig seine Bürotür ab und verließ das fast schon menschenleere Rathaus — Richtung Ruhestand. Die Ankündigung, mit Unterzeichnung einer Dringlichkeitsentscheidung zu dokumentieren, dass er bis zum letzten Tag im Amt auch auf der Kommandobrücke stand, machte der Verwaltungschef nicht wahr. Aber er war an diesem besonderen Tag erkennbar um Normalität bemüht.
Morgens tagte der Verwaltungsvorstand — wie jeden Dienstag. Dieses Gremium hatte Napp ausnahmsweise um jene Beigeordneten erweitert, mit denen er in seiner Amtszeit zu tun hatte. Jeder sei ja noch an seine Verschwiegenheitspflicht gebunden, sagt er zur Begründung. Einfluss auf die Tagesordnung hatte das nicht. Die war wie immer — und hatte mit der Ansiedlung der Verbraucherzentrale und der Flüchtlingsproblematik zwei echte Schwerpunkte. Die Standortfrage für die Verbraucherzentrale wurde nicht geklärt, sagt Napp, der dieses Thema seinem Amtsnachfolger Reiner Breuer überlassen muss. Der wird heute um 11 Uhr als Rathauschef vereidigt.
Der Vorstand tagte später als gewöhnlich. Dass hänge aber nicht mit seiner Verabschiedung am Abend zuvor durch die CDU-Fraktion zusammen, betonte Napp, der sich mit dem gestrigen Datum nach 40 Jahren Rats-Zugehörigkeit auch aus der Kommunalpolitik zurückzieht. „In dieser Zeit hat er keine Wahl verloren“, betonte die amtierende Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann, die im Alten Ratssaal eine Bilderausstellung zu Napps Werdegang erläuterte. Die Abschiedsrede aber überließ sie ihrem geschiedenen Mann Bernd, der von den insgesamt sieben Fraktionsvorsitzenden der „Ära Napp“ derjenige war, der es am längsten auf diesem Posten aushielt. Koenemann kam zu dem aus CDU-Sicht wenig überraschenden Schluss, dass Napp ein guter Bürgermeister für Neuss war. Und ein Kuchen von Karin Kilb zeigte noch einmal wichtige Wegmarken aus dieser Zeit auf.
Napp war schon beim angekündigten Feierabendbier mit Freunden in der Gaststätte Drusushof, als ihn noch ein letztes Mal die Pflicht rief. Im Kulturkeller wurde am Abend die Ausstellung „Neusser Karikaturen — 30 Jahre Küfen“ des Stadtarchivs eröffnet, für die Napp ein Grußwort zugesagt hatte. Karikaturisten, so sagte Napp, hätten ihm immer schon Respekt abgenötigt. „Sie brauchen über eine zeichnerische Begabung hinaus die Fähigkeit, politische Zusammenhänge zu verstehen und auf eine Pointe zu verdichten.“
Als Pensionär wird Napp heute anfangen, sein Leben neu zu ordnen — ohne Dienstwagen, aber auch ohne vollen Terminkalender. Er werde zunächst sortieren, was er aus seinem Büro noch mitgenommen hat, bevor er am 1. November einen Urlaub antritt. Der eigentliche Ruhestand aber beginnt schon morgen um 9.30 Uhr am ersten Abschlag des Golfplatzes Hummelbachaue. Angst vor dem neuen Lebensabschnitt hat Napp nicht. Die Mitglieder des Verwaltungsvorstands, fand er gestern, sahen doch froh und zufrieden aus.