Neuss-Agenda diskutiert Klimaziele Radverkehr und Begrünung fördern
Neuss · Die Neuss-Agenda diskutierte, ob Neuss bis 2035 klimaneutral werden kann. Eine Sorge ist, dass der Fachkräftemangel zum Hemmschuh wird.
Die Neuss Agenda hatte zum 21. Neusser Stadtgespräch eingeladen und die Resonanz war so groß, dass in der Alten Post weitere Stühle herbeigeschafft werden mussten. Das Thema: „Neuss 2035 klimaneutral – wie wollen wir das schaffen?“
Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Dieses Ziel zu erreichen, bedeutet eine große Herausforderung. Neuss gehört zu den besonders ehrgeizigen Städten. Hier will man bereits zehn Jahre früher klimaneutral sein. Wie überaus ambitioniert dieses Ziel ist, kann man an zwei Zahlen festmachen: Klimaneutral ist eine Stadt, wenn pro Einwohner und Jahr nicht mehr als eine Tonne CO2 produziert wird. Aktuell sind es zehn Tonnen.
Geothermie ist für die GWG
ein großes Thema
Stefan Zellnig ist Vorstandsmitglied der GWG Neuss. „Wir haben in Neuss und Kaarst rund 3700 Wohnungen in 750 Gebäuden“, berichtet Zellnig. Es handele sich um Häuser „aus allen Dekaden ab 1901“. Geothermie ist für die GWG ein großes Thema. Zellnig sprach von einem Maßnahmenbündel. So müssten Heizungen regelmäßig überprüft werden, die Mieter müssten angehalten werden, möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Er weiß aber auch, dass die Akzeptanz bei den Mietern schnell an Grenzen stößt, wenn sich die Optimierungen auf die Kaltmiete auswirken. Ein Thema, das Zellnig ansprach, war der „Mieterstrom“. „Dies umzusetzen, ist steuerrechtlich aber extrem schwierig“, erklärte er. Und im Laufe des Abends wurde dies immer wieder deutlich.
Dirk Schuster, Geschäftsführer der Krefelder ORT GmbH, denkt über E-Autos nach, die sich drei Mitarbeiter teilen könnten und kann sich vorstellen, die Stromrechnung von Mitarbeitern zu übernehmen. Sein Credo: „Kommerz und Klimaschutz sind vereinbar.“ Er sieht die Stadtwerke als modernen Manager, der lokal einen Marktplatz bedient. Dazu sei der entsprechende politische Wille erforderlich. Schade, dass der Geschäftsführer der Stadtwerke Neuss, Stephan Lommetz, seine Teilnahme an der Diskussionsrunde aus privaten Gründen hatte absagen müssen.
Matthias Welpmann, Beigeordneter der Stadt Neuss, weiß, dass die Stadt nicht alle Kosten tragen kann. Angesichts des „immensen Investitionsbedarfs“ müssten auch die Bürger mit ins Boot geholt werden. „Wir brauchen mehr Selbsterzeugungspower unter dem Dach der Stadtwerke“, erklärte er. Aus den Reihen der Besucher wurde die Stadtbegrünung angesprochen. Welpmann griff dieses Stichwort auf: „Eine Begrünung ist in jeder Form sinnvoll, egal, ob man Bäume pflanzt oder Dach und Fassade begrünt.“ Welpmann weiß, dass zur Erreichung der Klimaziele der Radverkehr im Vergleich zu heute verdoppelt werden muss: „Das Mobilitätskonzept wird gerade erarbeitet, Radfahren muss deutlich attraktiver werden.“ Das gelte für den innerörtlichen Radverkehr, aber auch für Radverbindungen zwischen Städten wie Neuss und Düsseldorf. Zellnig sieht den Fachkräftemangel in Bereichen, die für den Klimaschutz wichtig sind, als Risiko einer schnellen Klimaneutralität. Anja Bierwirth vom Wuppertal-Institut und Vorsitzende vom Klimabeirat Neuss, erklärte: „Neuss ist nicht die einzige Stadt, die sich dieses ambitionierte Ziel gesetzt hat, auch Städte wie Wuppertal wollen bereits 2035 klimaneutral sein.“ Im Zusammenhang mit der Landesgartenschau schlug sie Urban Gardening vor – das ist die nachhaltige, gärtnerische Nutzung von städtischen Flächen durch Bürger. Auf die Frage, ob sie es für möglich halte, dass Neuss bereits im Jahre 2035 klimaneutral sein könne, antwortete Bierwirth: „Das ist total ambitioniert, aber nicht absurd.“