Neuss: Ausbildung - Zweite Chance für aussichtslose Fälle
Im Berufsförderungszentrum Schlicherum erhalten arbeitslose Jugendliche eine berufliche Perspektive.
Neuss. Als Julian von der Schule abging, sah seine Zukunft gar nicht rosig aus. Seine zehn Pflichtjahre hatte er absolviert, einen Abschluss nicht. Seine Zeit an der Realschule war abgelaufen, er musste gehen. Und dann? Eine Ausbildungsstelle konnte er vergessen. Wer nimmt schon jemanden, der nichts vorzuweisen hat?
Julian hatte Glück. Der 17-Jährige wurde vor einem Jahr im Berufsförderungszentrum Schlicherum aufgenommen. Dort kümmert man sich um Jugendliche, die arbeitslos sind. Ein Jahr lang können sich die jungen Leute berufsvorbereitend in verschiedenen Handwerksbereichen und Dienstleistungen ausprobieren. In Berufsfeldern wie Holz- und Metallverarbeitung, Gastronomie oder Gartenbau lernen sie wichtige Grundlagen, die ihnen bei der Suche nach einer Lehrstelle hilfreich sind.
Dabei geht es nicht nur um die fachliche Qualifikation, sondern auch um so genannte Soft Skills - die sozialen Kompetenzen. Teamfähigkeit, Pünktlichkeit, Disziplin, alles Tugenden, die viele junge Leute nicht beherrschten. "Kappe ab, Zigarette weg, Kaugummi raus - so erscheint man beim Chef. Das bringen wir bei", erklärt Geschäftsführer Georg Schmitz.
Seine Erfahrung zeige, dass viele Jugendliche weniger mit der Arbeit an sich, sondern vielmehr mit ihrem Durchhaltevermögen Probleme hätten. "Jeden Morgen pünktlich aufstehen und zur Arbeit gehen, das muss man erst einmal lernen."
Für eine aussichtsreiche Zukunft ist natürlich auch die richtige Bewerbung wichtig. Und damit ist mehr als nur ein ordentlicher Lebenslauf gemeint. "Wir üben das Telefonat, in dem man einen Termin ausmacht. Und in Rollenspielen testen wir die Bewerbungssituation", sagt Leiterin Maria Schievenhövel.
Aber damit aus dem Bewerbungsgespräch auch eine Anstellung wird, müssen die Jugendlichen starken Willen beweisen. Man kann den Hauptschulabschluss nachmachen. Und für das geleistete Jahr gibt’s ein Zertifikat von der IHK. Für neue Chefs sind die jungen Leute sehr interessant, weil sie nicht komplett neu angelernt werden müssen und direkt in die Arbeit einbezogen werden können. "Unsere Jugendlichen stehen damit in Konkurrenz mit guten Realschülern", meint Schmitz. So sieht es auch bei Julian aus. Er hat seinen Hauptschulabschluss nachgemacht und richtig Spaß an der Arbeit mit Holz bekommen. "Ich will jetzt Zimmermann werden ", sagt er stolz. Und seine Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht.