Neuss: Freispruch - Drama um enttäuschte Liebe vor Gericht

82-Jährige soll 70000 Euro gezahlt haben. Betrug nicht nachzuweisen.

Neuss. "Damals dachte ich, es wäre Liebe, heute denke ich, es war gar nichts." Maria D. (82, Name geändert) vergräbt ihr Kinn in den Handflächen. Wenige Meter von ihr entfernt sitzt der Mensch, für den sie nach dem Tod ihres Mannes wieder Gefühle empfunden hatte.

Der 20 Jahre jüngere Mann aus Neuss hatte ihr seine Zuneigung ebenfalls gezeigt: Er hielt ihre Hand bei Spaziergängen, er legte den Arm zärtlich um sie. Dass sie sich jemals vor Gericht wiedersehen würden, hätte die Ratingerin niemals gedacht.

Laut Anklage hat ihr 62-jähriger Mitbewohner sie um 70000 Euro betrogen. Die Seniorin hatte ihm, so die Staatsanwaltschaft, mehrfach Geld gezahlt. Doch der hatte sich aus dem Staub gemacht, weil er ihre Forderungen nach Intimitäten angeblich nicht mehr ertrug.

Am Donnerstag wurde der Neusser freigesprochen. Das Gericht hatte einen Betrug nicht nachweisen können. Möglicherweise habe die Seniorin den Mann mit finanzieller Unterstützung an sich binden wollen, hieß es in der Urteilsbegründung.

Roland A. hatte sich auf ein Wohnungsinserat der Eigentümerin Maria D. gemeldet. Der charmant und vertrauenswürdig erscheinende Mann bekam den Zuschlag für das Appartement. Weil es in der neuen Wohnung noch zu viel zu renovieren gab, soll A. die 82-Jährige überredet haben, bis zum Abschluss der Arbeiten in ihrem Haus zu wohnen. "Er tat mir leid, er war schließlich von seinem Vater, einem Grafen, verschmäht worden und musste nun von Sozialhilfe leben", erinnert sich Maria D..

2008 soll A. die Seniorin um 20000 Euro für die Beerdigung seiner angeblich verstorbenen Mutter gebeten haben, weitere 15000 Euro benötigte er laut den Vorwürfen, um die hinterlassene Wohnung kaufen zu können. Schließlich soll der Mann von seiner Freundschaft zu Filmproduzent Bernd Eichinger erzählt haben.

Der Hollywood-Star habe ein neues Filmprojekt mit ihm vor - die Chance für den Sozialhilfeempfänger aufzusteigen. 35000 Euro möge Maria A. in das Projekt investieren, hat A. laut Anklage verlangt, Eichinger sei bereit, hohe Zinsen zu zahlen. Alles Lüge, sagte der Neusser Donnerstag. Er habe weder diese Geschichten erfunden noch Geldbeträge erhalten.

Laut Roland A. soll die Seniorin schon bald nach seinem Einzug in ihr Haus aufdringlich geworden sein. Dreimal täglich, so schilderte es Roland A., soll sie Geschlechtsverkehr gefordert haben, nicht mal ein Nickerchen sei nebeneinander möglich gewesen. "Ich war ihr Spielzeug. Ich ertrug es, weil sie sagte, es würde mir an nichts fehlen", sagte Roland A. aus. Die alte Dame wies die Vorwürfe beschämt zurück. Es habe keinen intimen Kontakt gegeben.

A. ist bereits wegen Betruges vorbestraft. Dass er auch Maria D. betrogen hat, konnte die Staatsanwaltschaft nicht beweisen.