Hilfe für obdachlose Frauen in Neuss Von der Straße bis zur Ausbildung
Neuss · Etwa ein Drittel der wohnungslosen Menschen im Land sind Frauen. In Neuss bietet die Augustinus-Gruppe mit einem besonderen Wohnprojekt Hilfe an. Welch positiven Einfluss es haben kann, beweist die Geschichte von Lea Deuss (22).
(jasi) Vor allem beim Gang durch die Innenstadt fallen sie an verschiedenen Stellen ins Auge. Sogar in den aktuellen Wintermonaten sind in verschiedenen Ecken und geschützten Gebäude-Winkeln Decken, Schlafsäcke und Co. zu sehen. In manchen Fällen sind in den provisorischen Nachtlagern auch Personen zu erahnen, die dort Schutz vor Kälte und Wind suchen. Was im Stadtbild auffällt: Bei den obdachlosen Menschen, die sich im Freien aufhalten, handelt es sich zum Großteil um Männer. Dabei ist die Problematik an sich gewiss nicht nur dem männlichen Geschlecht zuzuordnen. Auch Frauen landen aus unterschiedlichen Gründen und Lebensumständen auf der Straße. Darum gibt es in der Quirinusstadt Hilfseinrichtungen, die genau in diese Kerbe schlagen.
Seit drei Jahren bietet zum Beispiel das Projekt für wohnungslose Frauen der St.-Augustinus-Gruppe, in Kooperation mit dem Rhein-Kreis Neuss, Frauen in schwierigen Lebenssituationen Zuflucht und ein geschütztes Zuhause. In bereits möblierten Einzelappartements mit Küche und Bad können die Frauen mit Hilfe eines professionelles Team aus Sozialarbeiterinnen, Pädagoginnen, Heilerziehungspflegerinnen und Gesundheits- und Krankenpflegerin die nötige Unterstützung im Alltag finden. Jede von ihnen bringt dabei eine eigene Geschichte mit sich und viele von ihnen können während ihrer Unterbringung in dem Wohnprojekt kleine und große Erfolge feiern.
Eine dieser Frauen ist Lea Deuss. Seit anderthalb Jahren lebt die 22-Jährige in der Neusser Einrichtung, ihr Weg dahin war bisher alles andere als leicht. Eine schwierige familiäre Situation in Verbindung mit dem Tod ihrer Großmutter führt vor einigen Jahren dazu, dass Lea Deuss mit Vater, Schwester und Hund ohne Obdach dagestanden hatte. „Diese Zeit war wirklich hart“, erzählt die junge Frau. „Zu Beginn konnte ich bei Arbeitskollegen und Freunden meines Vaters oder bei anderen Familienmitgliedern unterkommen, irgendwann war das keine Option mehr und wir landeten auf der Straße.“
Zur schwierigen familiären Situation kam der Tod der Oma
Es folgten zahlreiche harte Nächte im Freien und kurzweilige Aufenthalte in verschiedenen Neusser Obdachlosenheimen. „Viele Wochen habe ich auch ohne meinen Vater in den Einrichtungen verbringen müssen, auch meinen Hund Buddy musste ich abgeben, da Hunde in den meisten Heimen nicht erlaubt sind“, erzählt sie.
Mittlerweile ist Lea Deuss im Wohnprojekt der Augustinus-Gruppe angekommen und hat ein sicheres, wenn auch vorübergehendes, Zuhause gefunden. Mit viel Ehrgeiz holte die junge Frau an der Abendschule ihren Hauptschulabschluss nach und begann vor einigen Wochen ihre Ausbildung zur Beiköchin (Fachpraktikerin in der Küche). „Ich habe einen tolle Küchenchef und bin wirklich begeistert von dem Job.“ Sie führt aus: „Ich habe einiges erreicht und fühle mich gut aufgenommen. Neben meiner besten Freundin haben mich die Mitarbeiterinnen des Wohnprojektes unterstützt. „Wie es künftig für mich weitergehen wird, das weiß ich jetzt noch nicht. Ich möchte meine Ausbildung beenden und dann werden wir weitersehen“, so Lea Deuss.
Dass die Nachfrage nach Hilfsangeboten dieser Art groß ist, hatte zuletzt auch Claudia Kuhbandner, Referentin der Geschäftsführung der St.-Augustinus-Behindertenhilfe, deutlich gemacht. „Es hat sich gezeigt, dass dieses Projekt unverzichtbar ist. Einen detaillierten Einblick inklusive Zahlen und Fakten zum Projekt gab es in der Sitzung des Sozialausschusses im September vergangenen Jahres.
Am 15. Juli 2020 konnten die ersten Frauen in der Einrichtung im Augustinusviertel (mit vielen Grünflächen und nah zum Stadtzentrum) einziehen. In sehr kurzen Zeitabständen waren alle insgesamt elf Appartements belegt. Bis heute ist die Nachfrage ungebrochen hoch.