Schlagstock-Ausrüstung in Neuss Ordnungsamt-Knüppel in der Kritik
Neuss. · Schon seit 2007 tragen Mitarbeiter des Ordnungsdienstes Schlagstöcke. Eingesetzt wurden sie aber noch nie.
Es war eine Nachricht, die bundesweit Aufsehen erregte: Das Ordnungsamt der Stadt Dortmund soll künftig mit Schlagstöcken ausgestattet werden. Die sogenannten Mehrzweckstöcke, wie auch die Polizei sie nutzt, sollen künftig im absoluten Notfall zur Abwehr eingesetzt werden. Kritik an der Aufrüstung gab es unter anderem von der Gewerkschaft der Polizei Nordrhein-Westfalen. Aus ihrer Sicht dürfe das Gewaltmonopol ausschließlich bei der Polizei liegen.
Sollte sich die Stadt Dortmund Erfahrungen auf dem Gebiet einholen wollen, dann wäre die Stadt Neuss wohl eine der besten Adressen. Dort wurden die Mitarbeiter des Kommunalen Service- und Ordnungsdienstes (KSOD) nämlich bereits im Jahr 2007 mit sogenannten Tonfa-Schlagstöcken ausgestattet. „Diese dienen zur Selbstverteidigung“, teilt Miriam Hartig vom Presseamt der Stadt Neuss auf Nachfrage mit. Zudem sind die KSOD-Mitarbeiter mit einem Tierabwehrspray, Handfesseln, stich- und schusssicheren Westen sowie stich- und schnittfesten Handschuhen ausgestattet.
Angriffe verhindert die Ausrüstung aber nicht. So gab es sowohl im Jahr 2018 als auch 2017 jeweils drei körperliche Angriffe auf KSOD-Mitarbeiter. Auch verbale Drohungen und Beleidigungen (diese werden nur erfasst, sofern sie zur Einleitung eines Strafverfahrens führen) gehören zum Berufsrisiko. Was vor allem mit Hinblick auf die körperlichen Angriffe überrascht: Nach Angaben der Stadt sind keine Fälle bekannt, in denen die Schlagstöcke zum Einsatz gekommen sind.
Ordnungsamtsmitarbeiter
könnten vor Gericht landen
Woran das liegt? Martin Nees von der Gewerkschaft Verdi NRW hatte im WDR jüngst seine Befürchtungen geäußert, dass Ordnungsamtsmitarbeiter wegen Körperverletzung vor Gericht landen könnten, sollten sie den Schlagstock tatsächlich benutzen. „Vielleicht trauen sie sich nicht, sie einzusetzen“, erklärt Manfred Bodewig auf Nachfrage. Der FDP-Fraktionsvorsitzende betont ebenfalls, dass das Gewaltmonopol bei der Polizei zu liegen hat, gleichwohl sei es in Anbetracht der zunehmenden Aufgabenstellungen des KSOD sinnvoll, die Verteidigungsmöglichkeiten auszubauen. „Aber nur in Kombination mit Schulungen“, sagt Bodewig.
Das ist in Neuss der Fall. Da die Kräfte stets auf einen – körperlichen – Einsatz vorbereitet sein müssen, werden sie einmal wöchentlich in einer Schule für Wing Tsun (ein chinesischer Kung-Fu-Stil) in Selbstverteidigung geschult. Dort wird auch der Umgang mit dem Tonfa-Schlagstock intensiv geübt.
Roland Sperling von den Linken äußert zwar sein Vertrauen gegenüber dem Neusser KSOD-Personal, man müsse sich jedoch die Frage stellen, ob die Knüppel tatsächlich notwendig sind. „Wenn sie bislang nicht gebraucht wurden, dann kann man auch drauf verzichten“, so der Fraktionsvorsitzende, der die Kritik der Gewerkschaft der Polizei nachvollziehen kann.
Das tun jedoch weder der CDU-Landtagsabgeordnete Jörg Geerlings noch der SPD-Fraktionsvorsitzende Arno Jansen. Ihr Tenor: Die KSOD-Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, sich zu schützen. „Wir haben in Neuss geschultes Personal“, sagt Jansen.In Frankfurt am Main trägt die „Stadtpolizei“ des Ordnungsamtes sogar seit zehn Jahren Schusswaffen. „Das geht ein bisschen sehr weit. Frankfurt ist – auch wegen seiner Drogenszene – ein anderes Pflaster. Für Neuss steht das nicht zur Debatte“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende.