Neuss: Schweißtreibend - Die härtesten Jobs unter der Sommersonne
Dachdecker, Möbelpacker und Bauarbeiter sehnen bei Gluthitze den Regen herbei.
Neuss. Rainer Hausweiler schwitzt und verflucht den Sommer. Nein, ein verregneter Juli sei ihm allemal lieber, sagt er. "Oder ein paar dunkle Wolken am Himmel." Hausweilers Arbeitsplatz liegt in luftiger Höhe und ist damit der brütenden Sommersonne noch ein Stück näher. Der 40-Jährige arbeitet seit fast 20Jahren als Dachdecker.
Während andere im Café entspannt an ihrem Wasser mit Zitronenscheibe nippen, klettert Hausweiler über das Flachdach einer Holzhandlung an der Normannenstraße. Er hat Glück. Diesmal müssen er und seine Kollegen nicht mit offener Flamme arbeiten und nur eine Ablaufrinne an der Dachkante austauschen.
Auf 50 bis 60 Grad schätzt Hausweiler die Temperaturen dort. "Auf dem Dach selbst kann es aber bis zu 80 Grad heiß werden." Ohne Mütze und T-Shirt wagt sich der 40-Jährige deshalb nicht auf die Leiter: "Früher ist es schon vorgekommen, dass ich Brandblasen auf dem Rücken hatte."
Chef Carsten Bienefeld kennt das Problem. An besonders heißen Tagen verlegt er die Arbeitsstunden - soweit das möglich ist - in den frühen Morgen. Einfach ein paar Tage auszusetzen sei dagegen kaum machbar: "Haben wir einmal angefangen, müssen wir das durchziehen." Plötzlich können Gewitterwolken aufziehen. "Und dann steht das Gebäude unter Wasser."
Augen zu und durch, lautet also die Devise. Hausweilers Tipp: "Viel trinken, ausreichend pausieren und das Wichtigste: einfach nicht über die Temperaturen nachdenken."
Einfach ignorieren - ein weiser Rat. Einzig die Umsetzung ist schwer, jedenfalls für die Mitarbeiter der Umzugsfirma Steiner. Waschmaschine, Schrank und - das Schlimmste: ein über 70Kilogramm schweres Sideboard lagern noch im Umzugswagen und müssen in die erste Etage hinaufgetragen werden.
Valentin Glasner schiebt die Möbelstücke über den Boden des Hängers und reicht sie den Kollegen an. Das sieht locker aus - jedenfalls einfacher als Möbelschleppen. "Ist es aber nicht", verteidigt ihn Kollege Lenhart Ljubinko. "Das ist der härteste Arbeitsplatz, zumal es im Hänger bis zu 50 Grad heiß wird." Glasner nickt ergeben.
Er erinnert sich an den Umzug einer alten Dame, die im Laufe der Jahre Möbel gesammelt hatte, wie kein anderer Kunde zuvor. Bei Temperaturen um die 40 Grad mussten die Männer damals Möbelstücke verladen, die auf 70 Kubikmeter gepasst hätten.
Das sei das einzige Mal gewesen, dass sie fast schlapp gemacht hätten. Glasners Tipp: "Viel trinken", und auf nette Kunden wie das Ehepaar Hofmann hoffen. Es versorgt die Männer mit Wasser und Cola, Kaffee und Pommes. "Das erleben wir wirklich selten. Das ist ganz toll", sagt Kollege Ljubinko.
Wasser - danach lechzt auch Peter Wagels. Der 61-Jährige arbeitet an der Further Straße, trägt alten Asphalt um die Kanaldeckel ab und neuen auf, um die Deckel der Fahrbahnhöhe anzugleichen. Der Bunsenbrenner zischt und erhitzt sich auf bis zu 180Grad. Rundherum schätzt Wagels die Temperaturen auf fast 50Grad. "Je älter ich werde, desto härter wird der Job bei dieser Hitze", sagt er. "Als ich jung war, hat mir das nichts ausgemacht."
Während seine Kollegen mit nacktem Oberkörper Kabel verlegen, arbeitet Wagels in Jeans und Hemd, um nicht von spritzendem Teer verletzt zu werden. Für Pausen hat er kaum Zeit. Üblich ist das nicht. "Ein Stück der Straße soll bald freigegeben werden. Wir müssen uns beeilen", sagt Wagels und wirft den Bunsenbrenner an.