Neuss: Schwerter klirren auf dem Freithof

Gelungener Mittelalter-Markt lockt Tausende an. Pferdesegnung vor dem Münster.

Neuss. Das hätten sich die Zuschauer aber auch denken können: Dass Nagetier Siegfried, der Mäusekönig aus der Mongolei, an einem Sonntag zuerst den Weg in die Kirche sucht und Taverne, Schmiede oder Badehaus auf dem kleinen Spielfeld links liegen lässt, war naheliegend. Richtig getippt hatte beim Mäuseroulette der "Mann mit den Augen auf dem Kopf" - zumindest nannte Mäusepapa Sigismund den Gewinner wegen seiner nach oben in das Haar geschobenen Sonnenbrille so. Klingt ja auch viel altertümlicher, und die bildhafte Sprache lang vergangener Epochen war am Wochenende Trumpf beim großen Mittelalter-Markt auf Freithof und Marktplatz.

Menschentrauben bildeten sich am Sonntag immer dann, wenn einer der Mittelalter-Profis der Showtruppe Mus Rustica die Stimme erhob, um "Atemberaubendes" anzukündigen. Das traf auf den Kampf zwischen Roger de Gleisberg und dem kühnen Ulrich auch durchaus zu. Die Schwerter klirrten heftig, und das Geschrei war ebenso groß wie vor dem Gefecht das Geprahle der beiden Söldner in ihren glänzenden Rüstungen. Köpfe rollten aber nicht.

Sonntagmittag stand jedoch zunächst ein Geistlicher im Mittelpunkt, der weder Schauspieler noch Schausteller war. Oberpfarrer Monsignore Guido Assmann segnete vor dem Quirinus-Münster zwei Dutzend Pferde, die zuvor in einer kleinen Prozession von der Rennbahn herangetrabt kamen. Assmann erinnerte dabei an all die Tierliebhaber in der Heiligen Schrift, allen voran natürlich St.Quirinus. Und da der Oberpfarrer der Basilika St.Quirin anschließend noch ausreichend Weihwasser übrig hatte, wurden Hunde, Kinder, andere Umherstehende sowie die Messdiener gleich alle noch mit gesegnet.

Was den Mittelalter-Markt von anderen Festivitäten vergleichbarer Art unterscheidet, ist das aufrichtige Bemühen der Organisatoren um Authentizität. In der Taverne wurde Teufelsbier oder Met ausgeschenkt, in der Garbräterei reichte man Schwein am Spieß. Und egal ob Töpfer oder Korbflechter, Schmied oder Steinmetz - was die Händler anboten, schien tatsächlich handgefertigt zu sein, so dass einzig der Toilettenwagen noch so recht in das mittelalterliche Marktgeschehen zu passen schien.

Auch musikalisch reichte die Reise ein paar Jahrhunderte zurück. Die Gruppen Dectera Lugh und Wirrwahr zeigten, welch mystisch klingende Töne Spielleute Instrumenten wie Schalmei, Sackpfeife oder Tamburello entlocken können. Kinder konnten sich nicht nur mit Pfeil und Bogen oder Armbrust versuchen, sondern auch auf einem kleinen Karussell aus Holz ein paar Runden drehen. Das wurde natürlich nicht mechanisch, sondern per Kurbel mit der Hand angetrieben.