Neuss: So toll riecht Weihnachten
In der Gewürzmühle Engels stehen die Kunden für die Zutaten Schlange.
Neuss. Es riecht nach Weihnachten. Nirgendwo in Neuss duftet der Advent so intensiv wie in der Gewürzmühle Engels: "Zimt, Kardamon, Nelken, Stern-Anis, Ingwer - das sind die klassischen Weihnachtsgewürze", erklärt Geschäftsführer Marcus Freistühler, während gleich ein halbes Dutzend Kunden in den Körben oder alten Holzregalen nach den getrockneten Aromen sucht.
Selbst in den kleinsten Mengen können die Neusser hier etwas für ihre heimischen Koch- oder Backkünste bekommen. Oder einfach nur für den Glühwein. Eine Muskatnuss beispielsweise kostet 25 Cent.
"Es kommen am Tag bestimmt 20 bis 30 Kunden, die nur eine einzige Muskatnuss haben möchten", freut sich Freistühler auch über diesen Besuch. Auch Kunden, die nur 0,1 Gramm Safran haben möchten (für 90 Cent), haben damit in dem duftenden Geschäft Erfolg. Wer benötigt schon für seine alltäglichen Rezepturen riesige Berge an Gewürzen.
Manchmal ist der 44-jährige Neusser allerdings selbst überrascht, welche Mengen an Gewürzen plötzlich über die Ladentheke gehen. "In den 70er Jahren waren wir der größte Chili-Abnehmer in ganz Deutschland", erinnert sich Freistühler schmunzelnd.
Sogar der Händler habe damals die Familie Freistühler gefragt, was in Neuss los sei. Damals kamen sehr viele Inder in die Bundesrepublik, und auch in die Quirinusstadt. 250 Kilogramm Chili pro Woche wechselten zu jener Zeit in der Gewürzmühle den Besitzer. Offensichtlich waren die indischen Gäste von der Qualität der Ware überzeugt.
Genau das ist auch das Erfolgrezept des Geschäfts mit dem historisch gemütlichen Ambiente, an dem offenbar nicht der Zahn der schnelllebigen Zeit nagt. "Unser Kunden wollen hochwertige und gute Waren zu einem günstigen Preis."
Wer ein kleines Fläschchen Balsamico Tradizionale haben möchte, kann das natürlich für fast 70 Euro bekommen - ungestreckt. Mit Weißwein und Traubenmost versetzt sinkt der Preis rapide, aber die Ware muss dafür nicht schlecht sein. Wichtig sei es laut Freistühler, eine gewisse Spannbreite an Kunden anzusprechen.
Marzipan ist übrigens während des gesamten Jahres ein Dauerbrenner. Auch hier kann dosiert gekauft werden. 100 Gramm der klebrig, süßen Masse kosten 1,20 Euro, wer mehr abnimmt, spart: 500 Gramm kosten beispielsweise 5 Euro.
Noch immer bezieht die Gewürzmühle die Masse aus der ältesten Marzipanfabrik Deutschlands in Berlin: 2,5 Tonnen im Jahr. Die Handelskontakte stammen noch aus der Nachkriegszeit, als Maria Freistühler, die Großmutter des heutigen Geschäftsführers, die Geschäfte in Neuss führte.
Die süße Maße aus der Bundeshauptstadt landet übrigens nicht nur in den Neuser Haushalten. "Hierfür kommen sogar Leute aus Stuttgart und Hamburg." Und selbst aus Südafrika habe die Gewürzmühle einen Stammgast, der zumindest einmal im Jahr vorbeischaut: Die Frau kauft Nougat - und - Marzipan.
Marcus Freistühler ist übrigens nicht nur Händler, er produziert auch. Beispielsweise für einen regionalen Krankenhausversorger ein spezielles Bruschetta-Gewürz. 500 Kilogramm verkauft er davon jährlich.