Neuss: Soundgalerie schließt zum Jahresende
Nach elf Jahren kommt das Aus: Gerd Drenker muss seinen CD-Laden am Konvent aufgeben. An manchen Tagen hat er nicht einen Euro verdient.
Neuss. "Sie können gerne mal reinhören, wenn Sie möchten." Freundlich, aufmerksam, engagiert - so kennen die Kunden den Besitzer der "Soundgalerie" am Konvent.
Doch nach elf Jahren ist damit Schluss. Gerd Drenker muss sein CD-Geschäft schließen. "Ich habe im vergangenen Halbjahr ehrenamtlich hier gearbeitet", erklärt der 50-Jährige. "Es gab Tage, an denen ich nicht einen Euro eingenommen habe."
Ausgerechnet am letzten Donnerstag vor dem endgültigen Schluss zum Heiligen Abend strömen die Menschen in das Geschäft. Plakate zum Ende des gemütlichen Ladens im Schaufenster sind wohl der Auslöser.
"Wenn etwas billig zu bekommen ist, kommen die Leute", meint der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann und beschreibt damit gleichzeitig eine Ursache für seinen Abschied als selbstständiger Händler in der Tonträgerbranche. Lockangebote von Großanbietern und der Handel im Internet hätten dem Kaufmann in den vergangenen Jahren immer mehr das Wasser abgegraben.
Dass er auch eigene Fehler gemacht hat, will er nicht ausschließen. Dazu zähle aber nicht die Wahl der Lage seines Geschäfts. Auch im Hauptstraßenzug habe er sich natürlich damals Lokale angeschaut - und sei fast umgekippt ob der Mietforderung für ein ähnlich großes Geschäft wie heute am Konvent.
12 000 Mark habe ein Eigentümer damals verlangt. Zu viel für ein Geschäft, mit dem eine Nische abgedeckt werden sollte. "Meine Motivation war es damals, Menschen Musik anzubieten, die nicht hören wollen, was der Trend ihnen vorschreibt."
Die Musik von Renee Olstead etwa, die im Mai 2006 mit 16 Jahren ihre erste Scheibe in den USA herausgebracht hat. Kaum einer fragt nicht nach, wenn Drenker die CD der Jazz-Sängerin in seinem Geschäft einlegt und der Gesang der jungen Frau den Raum erfüllt. "Sie hat eine super Stimme und noch ein wahnsinniges Potenzial." Und sie sei keine Fassade. "Das ist nicht wie bei DSDS."
Das sagt der Jazzexperte ganz ohne Wut, untermauert damit nur seine Leidenschaft, mit der er auch wenige Tage vor dem Abschied aus der Musikbranche noch seine Profession betreibt. "Darin steckt mein Herzblut."
Und das fließt selbst, als ein Junge ein Weihnachtsgeschenk für seine Mutter sucht und plötzlich mit den Worten "die hört so was" seinem Freund eine CD zeigt und wenig später auf die Ladentheke legt. "Armstrong", sagt Drenker, und gibt dem verdutzten Anhänger vermutlich ganz anderer Musik gleich ein bisschen Jazz-Nachhilfe zu den einzelnen Titeln. "Da habe ich lange nach suchen müssen. Die ist in Deutschland gar nicht zu bekommen."
Doch jeder Idealismus hat auch seine natürlichen Grenzen. 25 bis 40 Stammkunden ("Die haben auch zu einem gehalten.") und die Laufkundschaft reichten nicht mehr aus, um das Geschäft zu stützen. Nun wolle Gerd Drenker "joborientiert arbeiten", damit der Lebensunterhalt für die Familie stimme.
"Verramscht" wird trotz des am Jahresende auslaufenden Mietvertrages nichts im Geschäft. Das bekommt auch eine Schülerin zu spüren, die vor der Mittagspause noch ein besonderes Schnäppchen machen möchte - ein gerahmtes Bild mit dem Titel "Don’t stop the Dance".
Zehn Euro sei ihr der Wandschmuck wert, erklärt sie und merkt sofort, wie Gerd Drenker innerlich schluckt. "Das Bild stammt noch von meiner ersten Stelle, als ich ausgebildet wurde. 20 Euro musst Du mir schon dafür geben. Dann bekommst Du es gerahmt." Doch die junge Frau dreht sich um und geht.
Womöglich hat Drenker den Preis nur deshalb in die Höhe getrieben, weil er viel mehr damit verbindet, als er sagen mag. Denn weiterhin hat er die Hoffnung, "in der erlernten Branche wieder Fuß zu fassen", wie er sagt.