Neuss: Zentrales Vorsprechen - Bühnen-Nachwuchs am RLT

Absolventen aller staatlichen Schauspielschulen stellen sich vor. Insgesamt werden etwa 200 zukünftige Nachwuchsschauspieler vorsprechen.

Neuss. Sie soll einen anderen heiraten, jetzt, da ihr Mann im Krieg gestorben ist? Nein. In den zwei, drei Minuten, die ihr auf der kargen Bühne bleiben, spielt Franziska Beyer als Andromache, Hektors Frau, ihre Verzweiflung aus. Die Absolventin der Bayerischen Theaterakademie August Everding nutzt an diesem Morgen die kleine Bühne des Rheinischen Landestheaters. So wie sie werden bis Samstag etwa 200 künftige Nachwuchsschauspieler in Neuss vorsprechen. Zum dritten Mal hat RLT-Intendantin Ulrike Schanko das zentrale Vorsprechen organisiert, und zum ersten Mal sind in dieser Woche alle 20 staatlichen Schauspielschulen dabei. Für die jungen Schauspieler, meiste Anfang 20, ist dies eine gewaltige Chance. Und auf der anderen Seite, auf den Zuschauerrängen, nutzen Intendanten und Dramaturgen sowie Vertreter von Casting-Agenturen die einmalige Möglichkeit, die Absolventen eines Jahrgangs aus ganz Deutschland zu sehen. Und so sitzen sie denn im Zuschauerraum, ziehen die Listen hervor, machen sich Notizen. Viele der jungen Männer und Frauen werden nach diesen Neusser Tagen eine Stelle gefunden haben. Sie sprechen Monologe und wagen sich an große Rollen, sie singen, tanzen, fläzen sich auf einem Stuhl, wälzen sich am Boden, sind ernst und komisch, nachdenklich, wütend, verzweifelt. Das alles auf einer Bühne ohne Bühnenbild, zwei Meter vor der ersten Publikumsreihe mit den Fachleuten, die vielleicht ihre Chefs werden könnten.

Auch das Rheinische Landestheater selbst sucht. Drei Vakanzen gibt es derzeit im Ensemble, zwei Stellen sind mit Anfängern zu besetzen. Vielleicht wird ja auch Intendantin Ulrike Schanko fündig.