Polizeiausbilder am Standort Neuss: „Mein Einsatz am Hindukusch“
Uwe Boes war in Afghanistan. Der Polizeiausbilder am Standort Neuss bildete im Krisengebiet Polizisten aus.
Neuss. Zehn Jahre ist es her, dass die Anschläge auf das World Trade Center in New York fast 3000 Menschen in den Tod rissen — und das Sicherheitsgefühl des Westens erschütterten. Keine vier Wochen später rückten Truppen in Afghanistan ein, um das Talibanregime zu stürzen. 2002 startete die Bundesregierung am Hindukusch das „German Police Project Team“ (GPPT), das Polizisten vor Ort ausbildet.
Kriminalhauptkommissar Uwe Boes, Mitglied des Landesamts für Aus- und Fortbildung (LAFP) am Standort Neuss, war bereits dreimal in der Krisenregion. „In den Jahren 2005 und 2006 war ich elf Monate in Kabul stationiert und habe dort das Training für die afghanischen Ausbilder organisiert.
Drei Jahre später übernahm ich die taktische Ausbildung“, berichtet der 43-Jährige, der vor zwölf Monaten erneut nach Afghanistan reiste, um in Kundus Polizisten zu schulen.
„Die Angst, dass etwas passieren könnte, muss man ablegen“, sagt Boes, der im Bundeswehrlager nahe der tadschikischen Grenze in einem Zelt wohnte. Er hofft, die afghanischen Kollegen so gut vorbereitet zu haben, dass sie sich der Gefahr im eigenen Land stellen können. „Damit sie länger leben“, sagt er.
Wie dramatisch die Lage vor Ort ist, erlebte der Polizist nur aus der Ferne. „Ich habe immer wieder Explosionen gehört. In Kabul muss man ständig mit Anschlägen rechnen. Nach Kundus-City kann man nicht fahren.“
Für seinen Einsatz am Hindukusch wurde Boes speziell ausgebildet. In einem vierwöchigen Kurs lernen die Mitglieder des GPPT den Umgang mit dem Sturmgewehr G36 und wie sie sich bei einem Anschlag richtig verhalten — zum Beispiel wie sie ihr Fahrzeug schützen.
Im August 2007 kamen in Afghanistan erstmals deutsche Polizisten ums Leben. Eine Bombe zerfetzte das gepanzerte Fahrzeug. „Die drei Kollegen waren auf dem Weg zu einem Schießstand in Kabul. Ich kannte einen von ihnen“, erzählt Uwe Boes, der später zur Trauerfeier nach Berlin fuhr. „Das war ein schwerer Rückschlag. Aber das Leben musste weitergehen. In Afghanistan musste es weitergehen.“
Trotz der Trauer blieb er. Nicht zuletzt, weil die Auszubildenden wissbegierig seien. „Der Menschenschlag ist natürlich ein anderer. Die Religion spielt eine große Rolle. Es wird viel Tee getrunken und gesprochen“, sagt Boes, der bei seinen Einsätzen viele Freunde gefunden hat — und seine große Liebe. „Meine Frau trat 2006 meine Nachfolge in Kabul an. Wir hatten sechs Tage, um uns kennenzulernen.“
Tanja Boes blieb ein Jahr. Inzwischen hat das Paar einen zweijährigen Sohn. Für seinen Einsatz erhält Uwe Boes heute in Neuss die goldene Afghanistan-Spange, seiner Frau wird die silberne Spange verliehen. „Ich wünsche mir, dass wir in Afghanistan irgendwann einfach Urlaub machen können. Das Land ist sehr schön und für uns mittlerweile eine zweite Heimat.“