Coronavirus in Neuss Pflegedienste sind in großer Sorge

Neuss · Die Vorräte an Schutzmasken und -kitteln schwinden. Die Pflegedienste wissen nicht, wie sie künftig noch adäquat ihren Job machen sollen.

Julia Herdt, Pflegedienstleiterin der „Häuslichen Krankenpflege Hellendahl“, fordert mehr Unterstützung.

Foto: Woitschützke/Andreas Woitschützke

Julia Herdt benötigt nur wenige Worte, um die aktuelle Stimmungslage zu beschreiben „Wir sind sehr verängstigt“, sagt die Pflegedienstleiterin der „Häuslichen Krankenpflege Hellendahl“ an der Adolf-Flecken-Straße. Die bitter nötigen Ressourcen an Desinfektionsmitteln, Schutzmasken und Co. nehmen von Tag zu Tag ab. Ein großes Problem: Sollte es einen Infizierten unter den Klienten geben, dann sind die Pflegedienste verpflichtet, sich um diesen zu kümmern. „Das geht aber momentan nicht, weil es keine Masken gibt. Es herrscht Ausnahmezustand“, sagt Julia Herdt. Auch beim Thema Desinfektionsmittel verweise der Landesverband an die örtlichen Apotheken. „Die fordern bei selbstgemischtem Desinfektionsmittel aber sechs Euro für nur 50 Milliliter. Diese Menge reicht teilweise nur für eine Tour“, sagt die Pflegedienstleiterin. Beim Lieferanten habe man schon vor zwei Monaten neues Mittel bestellt, bislang ohne Erfolg.

Auch Pflegedienstleiter Friedemann Anger vom „Pflegedienst Maria Schraermeyer Matthias Lebe“ macht in diesen Tagen zahlreiche Telefonate, „die zu rein gar nichts führen“, wie er sagt. Bei vielen Lieferanten habe er nachgefragt, um vor allem an Schutzmasken, -kittel und Co. zu kommen, die beim Umgang mit einem Infizierten notwendig sind, „aber momentan ist das unmöglich“, sagt er. Ähnliches berichtet Alexandra Weynand, Geschäftsführerin der „Mobile Pflegeexperten Neuss GmbH“. Mehrere Stunden verbringt sie täglich im Internet, um vorrätige Schutzmasken zu finden – vergeblich. „Viele können erst ab Juni oder Juli wieder liefern“, sagt sie. Man habe zwar noch einen kleinen Vorrat an Desinfektionsmittel, „aber wenn der ausgeht, haben wir ein Problem“, sagt Alexandra Weynand.

Virus würde Seniorenheim
vor Herausforderungen stellen

Doch auch in Seniorenheimen ist man derzeit „unter Starkstrom“, wie Detlef Höyng, Geschäftsführer im St.-Hubertusstift, sagt. Zwar sei man unter anderem durch Norovirus-Fälle in der Vergangenheit „kampferprobt“, doch sollte es tatsächlich soweit kommen, dass sich mehrere Bewohner mit dem Coronavirus infizieren, würde das Team vor großen Herausforderungen stehen. „Dann müssten auch wir uns ans Gesundheitsamt wenden und nach weiteren Schutzmasken fragen“, sagt Höyng.

Um die Taktik für die kommenden Tage und Wochen zu besprechen, fand am Donnerstag in Grevenbroich ein Treffen mit Vertretern von ambulanten Pflegediensten und dem Rhein-Kreis statt. Das Ergebnis: Kurzfristig soll ein Prozess erarbeitet werden, wie Personen, die ambulant gepflegt werden, schneller auf Corona getestet werden können. Zudem sollen Kräfte, die einen Menschen mit Symptomen pflegen, schneller mit den nötigen Schutzmaterialien ausgestattet werden – soweit verfügbar. Starke Einschränkungen gibt es seit Donnerstag beim Thema Tages- und Nachtpflege. Sämtliche Einrichtungen sowie vergleichbare Angebote dürfen bis zum 19. April nicht mehr genutzt werden. Dazu zählen auch Bildungseinrichtungen für berufsvorbereitende und ausbildende Maßnahmen, die sich an Menschen mit Behinderungen richten. Ausgenommen sind Nutzer, die im eigenen häuslichen Umfeld untergebracht sind und deren Betreuungs- oder Pflegeperson eine unverzichtbare Schlüsselperson ist. Die Pflege beziehungsweise Betreuung erfolgt nur, sofern eine private Betreuung insbesondere durch Familienangehörige oder die Ermöglichung flexibler Arbeitszeiten und Arbeitsgestaltung nicht gewährleistet werden kann.