Schul-Projekt: Deutsch-polnische Teamarbeit
Schüler forschen über Diskriminierung. Präsentation der Ergebnisse in Genf.
Neuss. Wie tolerant sind die Deutschen? Dieser Frage gehen 16 Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klassen der Norfer Geschwister-Scholl-Hauptschule in einem außerschulischen Projekt nach. Ziel ist es, die Ergebnisse dem Genfer Menschenrechtsbeirat vorzustellen.
Die Hauptschule verbindet seit 2008 eine Schulpartnerschaft mit der Warschauer ZespolSzkol Licealnych i Ekonomicznych nr. 1. Dort wird die gemeinsame Aufbereitung der NS-Vergangenheit im Kontext mit dem heutigen Europa untersucht. In diesem Jahr stehen die Themen Zwangsarbeit und Diskriminierung im Mittelpunkt der Untersuchungen der deutsch-polnischen Schülergruppen.
„Über die Diskriminierung schaffen wir den Bezug zur Gegenwart und wecken das Interesse der Schüler“, sagt Günter Simon, der als Lehrer das Schülerprojekt betreut.
Im Juni begann die Arbeit mit einem Besuch der polnischen Mitstreiter in Neuss. Gemeinsam besuchte man das historische Archiv des Erzbistums Köln und erfuhr Einzelheiten über die Zwangsarbeit der katholischen Kirche im Dritten Reich.
„Ich wusste nicht, dass auch die Kirche Zwangsarbeiter für sich arbeiten ließ“, sagt Emira Gashi, die sich mit ihren Mitschülern jeden Mittwoch nach Schulschluss trifft, um die weitere Forschungsarbeit zu besprechen.
„Die Schüler leisten in ihrer Freizeit eine selbstständige, forschende Arbeit. Sie erörtern Probleme, formulieren Fragen und planen ihre Vorgehensweise“, sagt Simon. So entstand ein Fragebogen zum Toleranzempfinden. 100 Passanten befragten die Schüler bereits in der Neusser und Dortmunder Innenstadt. 63 Prozent von ihnen fühlen sich nicht benachteiligt oder diskriminiert.
Besonders hoch schätzt Simon das Engagement der Schüler mit Migrationshintergrund. Für Cengez Karabulut (16) steht fest, dass die Geschichte abgeschlossen ist. Er habe sich vor dem Projekt nicht mit der NS-Zeit auseinandergesetzt. „Was damals geschah, war schlimm. Es hat aber keine Bedeutung für unser heutiges Leben“, meint er. Wichtiger sei es, der Toleranz im heutigen Europa auf die Spur zu kommen.
Mit ihren polnischen Besuchern fuhren die Schüler nach Genf und besuchten den UN-Menschenrechtsbeirat. Nach den Sommerferien sollen Gespräche zum Beispiel mit der evangelischen Kirche, Migrationsvereinen und Arbeitgeberverbänden sowie Gewerkschaften geführt werden — in Deutschland und in Polen.
Die Ergebnisse, so die Erwartung, könnten ein repräsentatives Bild vom Stand der Diskriminierung in beiden Staaten widerspiegeln und von den Schülern beider Schulen im Plenum der UN in Genf vorgetragen werden.