Shakespeare-Festival: Briten begeistern mit „Der Widerspenstigen Zähmung“
Neuss. Sie tritt, boxt und schlägt um sich, so dass Männer die Flucht ergreifen. Katharina, die Tochter des reichen Battista aus Padua, hat wenig weiblichen Charme oder Grazie. Da liegt es nah, diese Rolle in Shakespeares „Widerspenstigen Zähmung“ mit einem Mann zu besetzen.
Als aggressive Punker-Braut mit klobigen Stiefeln, die am Ende von dem veronesischen Abenteurer Petruchio, einem Super-Macho, gezähmt wird. Die Propeller Company jedoch, die mit dieser Komödie die zweite Festival-Produktion im Globe vorstellte und erneut bejubelt wurde, verfügt eh nur über männliche Darsteller. So schlüpft der aparte Arthur Wilson in orangefarbene Seide und versprüht seine männlich-weiblichen Reize als Katharinas Schwester Bianca. Und bringt nicht nur Lucentio (Finn Hanlon) um den Verstand.
Dennoch: Die britische Truppe, mit zahlreichen Theaterpreisen dekoriert, gleitet dennoch nicht in eine Transvestiten-Klamotte ab. Sie beweist vielmehr, dass Männer in Frauenkleidern anfangs amüsieren, später aber überzeugen und berühren können.
Mit ein paar begehbaren Schränken und einer Handvoll Kostüme geht es um das Frauenbild zur Shakespeare-Zeit: Dass sie am Ende nur als treue, gehorsame Jasagerin zu ihrem Mann aufzuschauen hat (wie die zerzauste und gedemütigte Katharina), befremdet uns heute. Aber das ironische Blinzeln der Mimen ist nicht zu übersehen. Das alles liefert die Truppe ohne Pose, ohne Verfremdung oder bemühte Aktualisierung eines übermächtigen Regisseurs, sondern nur mit ihrem Spiel. Es reißt mit, selbst wenn man nicht jeden englischen Satz versteht.
Die Inszenierung von „Propeller“-Chef Edward Hall setzt auf Musikalität und Tempo, manchmal schrillen Witz und turbulente Verstrickungen. Die musizierenden Darsteller mutieren zu Sängern, Klarinetten- und Gitarrenspielern, oder zu Rappern wie etwa Dan Allen: Als Zappelphilipp mit T-Shirt und Baseballkappe glänzt er mit einer Rap-Nummer — Musikclownerien vom Feinsten.
Manchmal schrappen die Herren am Klamauk vorbei, finden aber stets den Weg zurück zur Sprache des Original-Texts, dessen Autorenschaft unter Experten (war es Shakespeare oder doch Christopher Marlowe?) bis heute ungeklärt scheint.
Besonders Vince Leigh überzeugt als Macho Petruchio, der sich verspätet und angetrunken, in Cowboy-Fransen und mit nacktem Po, zu seiner Hochzeit mit Katharina schleppt. Heftig und deftig wirken die Tricks, mit denen er die eben noch Widerspenstige domestiziert. Dan Wheeler brilliert: Er verwandelt sich vom garstigen Weib zu einer demütig kriechenden Braut und gebrochenen Gestalt, die eher Mitleid erregt, als zum Triumphieren Anlass gibt.
“ „The taming of the shrew“ ist noch am Samstag, 20 Uhr, im Globe zu sehen.