Shakespeares „Der Sturm“: Inszeniert von Deborah Epstein im RLT
Umjubelte Sturm-Inszenierung im Landestheater.
Neuss. Es beginnt ganz unvermittelt, mit Wellengetöse und den aufgeregten Rufen von Matrosen: ein Schiff kurz vor der Katastrophe. Passagiere wieseln im Zuschauerraum herum, rechts und links von den Sitzreihen, das Meer ist eine Bühne und die Zuschauer sitzen mit im sinkenden Schiff. Doch das ist erst der Anfang eines facettenreichen Theaterabends voller spannender Regieeinfälle.
Shakespeares „Der Sturm“, inszeniert von Deborah Epstein, feierte am Samstag im RLT eine umjubelte Premiere. Das Stück gilt als Alterswerk von Shakespeare: mehr als 400 Jahre hat es auf dem Buckel und fegt gerade in diesen Wochen wieder über deutsche Bühnen. Vor wenigen Tagen war es bei den Recklinghausener Ruhrfestspielen als Rache- und Folterfantasie zu sehen.
Demgegenüber kann man den Neusser „Sturm“ getrost als Kontrastprogramm betrachten: Regisseurin Deborah Epstein, die mit dem Stück ihre erste RLT-Inszenierung vorlegt, zeigt das Stück als groteske Komödie — und als Liebeserklärung an das Theater. Damit greift sie gekonnt das Motto der aktuellen Spielzeit auf, denn das lautet: „spielen!“
Shakespeares Vorlage gibt all dies her. So geht es um Rache, nämlich für Prospero, der von seinem Bruder Antonio vor Jahren aus seinem Amt als Herzog von Mailand vertrieben wurde und seither mit seiner Tochter Miranda auf einer Insel lebt, zusammen mit hilfreichen Geistern und einem Sklaven, dem Tiermenschen Caliban. Als Prospero mit Geisterkraft Antonios Schiff versenkt, rettet sich der Intrigant mit seiner Truppe auf die Insel. Dies gelingt auch einem anderen Besatzungsmitglied, dem neapolitanischen Thronfolger Ferdinand, der in Miranda die Partnerin fürs Leben findet.
Getragen wird die Inszenierung vor allem von Joachim Berger (Prospero) und Stefan Schleue (Ariel), gegenüber denen Claudia Felix und Jonathan Schimmer (als Liebespaar Miranda und Ferdinand) eher blass bleiben. Weitere Höhepunkte sind die Auftritte der zerstrittenen Aristokraten um Antonio (Rainer Scharenberg) und zweier weiterer Schiffbrüchiger, Trinculo (Sigrid Dispert) und Stephano (Gabriel Rodriguez), die zusammen mit dem Inselwilden Caliban (Henning Strübbe) ein Attentat auf Prospero planen.
Natürlich scheitert der Anschlag grandios, dennoch ist es kein Friede-Freude-Eierkuchen-Schluss, den Deborah Epstein dem Publikum serviert. „Die Show ist aus“, sagt Prospero zum Schluss, als er der Zauberkunst entsagt. Er entlässt den dienstbaren Geist Ariel und kehrt zurück auf den Mailänder Thron. Doch ob ein Gelehrter ohne magische Kräfte im politischen Alltag zurechtkommt — das bleibt offen.
“ Nächste Vorstellung im Rheinischen Landestheater: Donnerstag, 15. Mai, 20 Uhr.