Shopping-Sonntagist in Gefahr
Genehmigungen für verkaufsoffene Sonntage werden immer häufiger gekippt. Es könnte auch Neuss treffen.
Neuss. Der erste Advent ist in Neuss schon traditionell ein verkaufsoffener Sonntag. Diesmal aber könnte es auf Sicht der letzte Sonntag sein, an dem die Neusser Einzelhändler in Innenstadt und Rheinpark-Center ihre Läden öffnen dürfen. Denn die Stadt, verunsichert durch die jüngsten Verwaltungsgerichts-Urteile gegen verkaufsoffene Sonntage, hält das Thema erst einmal zurück. „Es gibt keine Genehmigung ins Blaue hinein“, stellt Bürgermeister Reiner Breuer klar.
Ein Schreiben der Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss (ZIN), die für die Jahre 2017 bis 2019 jeweils vier Sonntagstermine beantragt hat, bleibt vorerst unbeantwortet. Das Thema, im Oktober schon einmal von der Tagesordnung des Hauptausschusses genommen, findet sich daher auch heute nicht auf dessen Agenda.
ChristophNapp-Saarbourg, ZIN-Vorstand
Eine Entscheidung im Dezember wäre noch möglich und wird von ZIN auch erwartet. „Wir sind doch gut aufgestellt“, sagt ZIN-Vorstand Christoph Napp-Saarbourg mit Blick auf den 2011 mit Kirchen und Gewerkschaften ausgehandelten Kompromiss.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Sommer einer Klage der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi stattgegeben und die Latte für verkaufsoffene Sonntage hoch gehängt. Künftig gilt nicht mehr nur, dass jede Sonntagsöffnung mit einem Anlass verbunden sein muss — woran man sich in Neuss schon seit Jahren hält. Nein, jetzt muss zum Beispiel auch belegt werden, dass mehr Besucher zu erwarten sind, als, so das Gericht, „allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen“ kommen würden.
Das lässt sich ebenso schwer belegen, wie sich die „Strahlkraft“ in das Umland messen lässt. Beide Nachweise müssen aber mit dem Antrag vorgelegt werden. Weil die Stadt nicht Gefahr laufen will, zur Genehmigung der Einkaufs-Sonntage eine rechtswidrige Verordnung zu erlassen, hat Bürgermeister Breuer das Rechtsamt gebeten, die Antragsunterlagen zu prüfen. Sind sie ausreichend und so wasserdicht, dass sie auch vor Gericht Bestand hätten? Denn Verdi, inzwischen in vielen Orten mit Klagen erfolgreich, könnte ja auch die von der Neusser Verwaltung erteilte Erlaubnis juristisch angreifen. Und im Fall einer Niederlage könnte die Stadt von den Händlern in Regress genommen werden.
Um durch dieses „Minenfeld“ zu kommen, hat die Stadt sich auch an kommunale Spitzenverbände wie den Städtetag gewandt. Sie will erfahren, wie andernorts mit dem Thema umgegangen wird. Die Antwort steht aus.
Zumindest in Sachen Regressforderung kann Napp-Saarbourg Entgegenkommen signalisieren. Man sei bereit, so der ZIN-Vorsitzende, der Stadt gegenüber eine entsprechende Verzichtserklärung abzugeben. In anderen Punkten steht die Händlerschaft aber fest: Gar keinen verkaufsoffenen Sonntag zu genehmigen, was aus Sicht der Verwaltung vorstellbar scheint, sei nun auch nicht im Sinne des Gesetzes.
Der Handel akzeptiert, dass der Rat das Thema restriktiv handhabt und bleibt bei höchstens vier Einkaufssonntagen. Aber man werde darstellen, dass die Aktionen zu diesen Terminen für alle gemacht werden, sagt Christoph Napp-Saarbourg.