Sozialmusiktherapeut verhilft zu mehr Wohlbefinden
Frank Henn gibt Menschen mit Behinderung oder Autismus Unterricht. Die Musik hilft nach Erfahrung des Therapeuten vielen beim Entspannen. Auch auf der Palliativstation ist er aktiv.
Neuss. Die Namen dieser Instrumente sind eher Insidern vertraut: Gubal, Hang, Ocean Drum oder Monochord. Diese ungewöhnlichen Klanginstrumente sind die Schätze des Musiktherapeuten Frank Henn. Nicht nur, weil sie sehr teuer und wertvoll sind. Vor allem, weil sie mit ihren verschiedenen Klängen und unterschiedlicher Haptik schwerbehinderten oder autistischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu mehr Wohlbefinden verhelfen. Zweimal die Woche gibt der Sozialmusiktherapeut in der Musikschule Mark Koll Menschen mit Behinderung Unterricht.
„Es geht nicht darum, dass ich vorspiele und ein Kind oder Erwachsener soll nachspielen. Das wäre Musikpädagogik“, sagt der studierte Sozialwissenschaftler und promovierte Erziehungswissenschaftler. Sinn der Musiktherapie sei vielmehr, die Lebensqualität zu verbessern.
So wie bei Leonardo, der einmal die Woche in die Musikschule kommt. Sein Opa bringt den Zehnjährigen, der nicht gehen, sprechen und sehen kann. Sobald Henn die sogenannte Körpertambura auf Leonardos Körper legt, bewirken die Vibrationen, dass seine Spannungen nachlassen. Das sanft stimulierende, ganzheitliche Klangerlebnis lockert den kleinen Körper.
Neben seiner Tätigkeit in der Musikschule Koll arbeitet Henn zudem im Dr.-Ehmann-Kinderhaus, einer Einrichtung für schwer- und mehrfachbehinderte Kinder in Siegburg. „Bei manchen Kindern ändert sich die Atemfrequenz. Manche, die sonst nur hecheln, können durch bestimmte Klänge und Harmonien wieder ruhiger atmen“, sagt der gebürtige Leverkusener. Andere wiederum, die schwerste Spastiken haben, können ihre Beine plötzlich entkrampfen, so dass es für das Pflegepersonal leichter wird, die Windeln zu wechseln. Und ein Mädchen, das sonst vollkommen zusammengefallen in seinem Rollstuhl sitzt, richtet sich bei der Musiktherapie plötzlich auf. „Wie aus dem Kokon herausgekommen“, beschreibt Henn.
Für den 54-Jährigen sind es Belege dafür, wie sehr die Musiktherapie helfen kann. „Die Krankenkassen zahlen dennoch nicht, angeblich habe Musiktherapie keine Wirkung“, kritisiert Henn. Seine Erfahrung ist eine andere — sowohl im Kaarster St.-Marienheim-Hospiz, wo er für Menschen musiktherapeutisch in der Sterbebegleitung tätig ist, als auch auf der Palliativstation im Johanna-Etienne-Krankenhaus, wo er mit Klängen und Harmonien angenehmere Gedanken zu erzeugen hilft.
Dass Henn dennoch von der Musiktherapie leben kann, „ist unter anderem durch Stiftungen, Privatpersonen oder Förderkreise möglich“, sagt er. Diverse Instrumente wie Trommel, Gitarre, Trompete und E-Bass hat er sich als Autodidakt beigebracht. Die Arbeit als Musiktherapeut empfinde er als erfüllend. Die Arbeit mache ihn demütig.
Der Musiker, der zudem an Hochschulen als Dozent tätig ist, erklärt: Manchmal sei es nur ein Klang, eine Harmonie oder ein dumpfer Paukenschlag, die ein Lächeln fabrizieren oder für Wohlbefinden bei Behinderten, Sterbenden und Depressiven sorgen. Henn: „Dann wirkt Musik wie ein Geschenk.“