Stadt stoppt nach Streit den Abriss der Pierburg-Hallen

Die Verwaltung hat den Projektentwickler Bema per Dringlichkeitsbeschluss gebremst.

Foto: Kleinau

Neuss. Die Düsseldorfer Bema-Gruppe hat vergangene Woche den Antrag gestellt, die verbliebenen Hallen der ehemaligen Pierburg-Fabrik abreißen zu dürfen. Dieser Wunsch stehe im Gegensatz zum Ergebnis des städtebaulichen Ideenwettbewerbs und dem ausdrücklichen Entscheid der Jury, betont Karl-Heinz Baum (CDU). Die Antwort der Verwaltung fiel deshalb deutlich aus: Schon gestern trat eine von Baum und Bürgermeister Reiner Breuer per Dringlichkeitsbeschluss verhängte Veränderungssperre für das Gesamtareal in Kraft, um so die Kernsubstanz der Planung für die 5,3 Hektar große Fläche an der Grenze zu Düsseldorf zu sichern. Das hat den Projektentwickler Bema kalt erwischt. „Unglaublich“, kommentiert Geschäftsführer Ralph Schneemann die Wende.

Mit der Veränderungssperre wird nach Baums Darstellung faktisch auch die genehmigte Bauvoranfrage aus dem Jahr 2015 für eine Teilfläche hinfällig. Jetzt tickt die Uhr ganz neu und ziemlich schnell. Innerhalb von zwei Jahren muss die Verwaltung nun einen Bauleitplan erstellen. Dessen Inhalt steht fest: Über das Bauleitverfahren soll das Wettbewerbsergebnis umgesetzt werden — und das natürlich mit der Bema.

Der Projektentwickler hat einen großen Teil der Fabrikationshallen bereits mit Genehmigung abgerissen. Der Rest soll unbedingt erhalten werden. Eine Kita war für eine neue Nutzung unter den Pultdächern schon im Gespräch, aber auch Einzelhandel. Davon will die Bema nun abrücken. „Die kosten so viel Geld und bereiten uns so viel Ärger“, sagt Schneemann über die Hallen, in deren Erhalt schon ein sechsstelliger Betrag geflossen sei. Ein Denken, das Sascha Karbowiak (SPD) misstrauisch macht. Er fürchtet, die gleiche Diskussion für die Reste der ehemaligen Schraubenfabrik führen zu müssen, die erhaltenswert und im Siegerentwurf für dieses zweite Bema-Projekt berücksichtigt sind.

Dieser Entwurf war von Schneemann, Breuer und dem Planungsdezernenten Christoph Hölters erst vorigen Mittwoch vorgestellt worden. Nun ist Sand im Getriebe und aus Partnern, die nach Schneemanns Darstellung an beiden Standorten 110 000 Quadratmeter Fläche entwickeln wollen, sind streitende Parteien geworden. An bestimmten Stellen müsse man halt seine Position sehr deutlich machen, sagt Hölters. Der Abrissantrag liegt vor. Und das, so Höters, „ist eine Sache, die wir nicht einfach so geschehen lassen können.“

Die klare Kante in Richtung Projektentwickler ist zugleich eine vertrauensbildende Maßnahme in Richtung anderer Beteiligter in diesem Vorhaben, allen voran die IHK und die Stadt Düsseldorf. Beide haben Vorbehalte gegen das Neubauvorhaben, das aus einem industriellen Standort, wo bis 2014 noch Teile für die Autoindustrie produziert wurden, ein gemischt genutztes Quartier machen soll. Mit beiden muss die Stadt noch ein Einvernehmen herstellen, weil die Bezirksregierung angekündigt hat, nur in diesem Fall die von Neuss angestrebte Änderung im Flächennutzungsplan noch einmal zu prüfen. Gegenwärtig wird in der Düsseldorfer Behörde die Aufgabe des Industriestandortes eher kritisch gesehen.

Eine zentrale Forderung der Wirtschaft sei es, im Zuge des Bebauungsplanverfahrens die gesamte Fläche zu betrachten. Also auch die Teile an der Düsseldorfer Straße, von denen aus das Quartier ohne Bebauungsplan in Phase eins gestartet werden soll. Diese Forderung soll eine Salami-Taktik verhindern, an deren Ende dann doch „nur“ Wohnen steht. Eine entsprechende Vereinbarung sei unterschriftsreif und liege der IHK vor, sagt Hölters. Und auch das von der Stadt Düsseldorf geforderte Verkehrsgutachten zu „Verträglichkeit“ eines Pierburg-Quartiers sei so gut wie fertig.