Tag der offenen Tür im Stadtarchiv Neuss: Zeitgeschichte in Regalen

Am Tag der Archive öffnete das Stadtarchiv für Besucher das Magazin.

Neuss. Welche Schätze das Neusser Stadtarchiv an der Oberstraße birgt, haben zahlreiche Besucher am Samstag beim sechsten bundesweiten Tag der Archive erfahren. Unter dem Titel „Feuer, Wasser, Krieg und andere Katastrophen“ präsentierte das Archiv Fotos und Dokumente der Neusser Geschichte.

Viel Anklang fanden die Archiv- und Werkstattführungen. Die erste Führung zum Thema „Brände und Hochwasser — 800 Jahre Archiv- und Stadtgeschichte“ musste laut Stadtarchivleiter Jens Metzdorf aufgrund der vielen Interessierten in zwei Gruppen aufgeteilt werden.

Spannend wurde es auch bei einer Werkstattführung mit dem Titel „Wehret den Anfängen — Kulturgut sichern, Schäden verhindern“ mit dem Restaurator des Archivs, Marcus Janssens. „Um dieses Gebäude beneiden uns Kollegen in ganz Nordrhein-Westfalen“, schwärmte Janssens, während er den Besuchern das Magazin erläuterte, in dem Bestände aus dem 12. Jahrhundert bis zur heutigen Zeit lagern.

Das vierstöckige Backsteingebäude mit Spannbetondecke, im Jahr 1907 für die Familie Overbeck als Stearinkerzen- und Lichterfabrik erbaut, steht im Hinterhof des Stadthauses. Es wurde bis 1955 als Kerzenlager genutzt und bietet nun ideale Bedingungen für die Lagerung der Dokumente.

In den Räumen herrscht eine Temperatur von 18 oder 19 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 45 Prozent. „Besser kann man es sich nicht wünschen. Und das alles ohne Klimaanlage“, berichtete Janssens.

Immer wieder stellten Besucher Fragen und man merkte schnell, wie vielschichtig die Interessen waren. Doris Stader (70) war mit ihrer Tochter Andrea (36) zur Werkstattführung gekommen. „Mein Mann war Restaurator. Mich selbst hat die Faszination an dieser Arbeit nie losgelassen“, erzählte sie.

Tochter Andrea wollte selbst früher Restauratorin werden und hat vor Jahren ein Praktikum im Neusser Stadtarchiv gemacht. Auch Frank Wessel (54) war von der Führung begeistert. Er hält den Tag der Archive für eine gute Idee. Harald Jüdemann (57) gefielen vor allem die detailierten Erläuterungen zu den Klimabedingungen. „Das hat mir gute Anregungen für meine Bibliothek zu Hause gegeben“, meinte er.

Vorbei an unzähligen Stahlregalen — gefüllt mit Urkunden, Akten, Büchern, Karten und Grafiken führte der Weg in die Werkstatt des Restaurators. Dort erläuterte Janssens seine Arbeit.

Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor drei Jahren, und dem Versuch, das Material zu restaurieren — Marcus Janssens war maßgeblich beteiligt — habe sich gezeigt, dass in Kartons verpackte Dokumente die wenigsten Schäden davontragen. So finden Janssens und seine Kollegen immer wieder neue Verpackungen für das Archivgut.

Wie stabil selbst ein leerer Karton ist, konnte einer der Besucher herausfinden, indem er sich mit einem Gewicht von 76 Kilogramm auf die Verpackung stellte — und diese nicht kaputt ging.