Videobotschaft statt „Zog Zog“-Versammlung in Neuss Schützenfest einmal ganz anders

Neuss. · Mit Videobotschaften wenden sich Bürgermeister und Schützenpräsident am Tag der Zog-Zog-Versammlung an die Schützen. Darin geht es um Verantwortung und den Wunsch, Gemeinschaft zu erleben. Die Vorbereitungen dazu laufen längst.

Traurig darüber, dass das „heilige“ Schützenfest ausfällt: Bügermeister Reiner Breuer (l.) und Schützenboss Martin Flecken mit dem Festplakat.

Foto: Werbeagentur h1/h1com.de

Die Festvorbereitungen laufen. Alleine für den traditionellen Schützenfest-Sonntag – in diesem Jahr der 30. August – hat Werner Galka schon gut 500 Reservierungen für die Wetthalle und ihre Umgebung registriert. Alles fing mit der Anfrage eines Zuges an, der an der Galopprennbahn biwakieren wollte, berichtet der Wirt. „Da gucken wir wenigstens auf die Festwiese“, sei das Argument gewesen. Denn dichter dran wird in diesem Jahr niemand kommen.

Die Festvorbereitungen laufen – aber eben nur in den Zügen und Freundeskreisen. Volks- und Schützenfeste hat die Landesregierung wegen der Coronavirus-Pandemie grundsätzlich verboten. Von einem Verdikt spricht Bürgermeister Reiner Breuer (SPD) sogar, „an das wir uns als rechtstreue Bürger und Bürgersöhne natürlich
halten.“

Die Wortwahl ist nicht zufällig. Denn eigentlich würde am Samstag das Komitee die Bürger und Bürgersöhne in die Stadthalle bitten, um über die sogenannte Kardinalfrage abzustimmen: „Sollen wir auch in diesem Jahr in Neuss Schützenfest feiern?“

Das Ritual will es, dass die Anwesenden mit dem Ruf „Zog Zog“ ihre Zustimmung geben, denn eigentlich ist kein anders Abstimmungsergebnis vorgesehen.

In diesem Jahr ist auch die Einladung zu diesem Treffen ausgeblieben. Weil, wie Schützenpräsident Martin Flecken betont, „wir in diesem Fall keine Entscheidungskompetenz haben“. Entschieden wurde schon – aber woanders.

Zur beliebten Zog-Zog-Versammlung gehört es, dass ein Komiteemitglied eine, wie es Flecken formuliert, anfeuernde Rede hält, um die Entscheider im Saal zu einem positiven Votum zu bewegen. Dazu entwickelten sie mitunter erschreckende Szenarien für den schlimmsten Fall aller Fälle – die Absage. „Schützenfexit“ war das bei Mario Meyen, von einem schweißbadenden Albtraum sprach Ehrenpräsident Thomas Nickel. „Eine Pandemie wie das Coronavirus hat aber keiner an die Wand gemalt“, sagt Flecken. „Doch wir haben sie.“ Und auch gerade deshalb und aus Gründen der Vernunft wird nicht wie gewohnt gefeiert. „Schützen schützen Mitmenschen vor der Pandemie, wir schützen Neuss.“

Eindringlicher Appel an
die Gemeinschaft

Dass die Entscheidung nicht leicht gefallen ist, unterstreicht der oberste Schützenbruder Flecken in einer öffentlich zugänglichen Videobotschaft, die in der Nacht zu Samstag um eine Minute nach Mitternacht im Internet veröffentlicht wurde. Gemeinsam mit Bürgermeister Breuer wendet er sich an die Neusser und gemeinsam präsentieren sie in einem dritten Video – wie immer bei „Zog-Zog“ – das Festplakat. Das gibt es trotzdem, aber freilich ohne Programm. Ohne „Zog Zog“ kein Fest, ohne Fest keine Ehrenabende, obwohl die aufgrund der neuen Coronaschutzverordnung des Landes NRW theoretisch mit bis zu 1000 Menschen im Saal machbar wären, wie Ralph Dymek von Neuss Marketing als Verpächter der Stadthalle betont. Aber sie machen halt keinen Sinn. Ein Termin für viele Züge sind sie trotzdem, wie Galka hört, der auch für diese Abende Reservierungen vorliegen hat. „Wir machen kein Ersatzfest, wir bieten nur etwas an“, sagt er. Andere halten es ebenso. Das ist ganz im Sinne des Komitees. „Wir können uns in unseren kleinen Zuggemeinschaften treffen“, sagt Flecken – und Gemeinschaft zeigen.