Veranstaltung der CDU Neuss "Europa ist noch nicht fertig"

Neuss. · Im Börsencafé diskutierte die CDU mit Stephan Holthoff-Pförtner über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.

Anfang Juli hat die Bundesrepublik Deutschland nach zuletzt 2007 erneut die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Jetzt sind wichtige Entscheidungen zu treffen: Es geht wieder einmal um den Brexit, die Folgen der Coronavirus-Krise und die drohende Abschaffung der Gewaltenteilung in einigen EU-Staaten. Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes NRW, Stephan Holthoff-Pförtner, kam jetzt auf Einladung der CDU zu einem Gespräch über Europa und die EU ins Börsencafé Neuss.

CDU hatte ins Börsencafé zu
Diskussionsabend geladen

Dort warb er für das Projekt Europa, konnte aber nicht alle kritischen Anmerkungen aus dem Auditorium entkräften. „Europa ist noch nicht fertig“, gab er zu bedenken. Was ihn in schweren Zeiten tröstet: „Europa hat es in Krisen immer geschafft, Gestaltungskraft zu erlangen.“

Für Holthoff-Pförtner muss Deutschland mutig vorangehen, nicht zuletzt deshalb, weil es in hohem Maße vom Euro profitiere. Hilfsbereitschaft sei angesagt, nicht Besserwisserei und Arroganz. Es gelte außerdem, Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen.

Aber der Referent machte auch deutlich, dass noch andere Gefahren drohen: So mache China einige ärmere Länder im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“ schon jetzt von sich abhängig – für Holthoff-Pförtner fast schon eine Schreckensvision. „Wie naiv sind wir zu glauben, dass die Chinesen uns nett behandeln“, sagt er. Als Gefahren für die EU wertete er zudem „reiche Scheichs und die Türkei“. In Bezug auf EU-Mitgliedsländer mit antidemokratischen Tendenzen mahnte er an: „Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie, dürfen die Menschen in Ländern wie Ungarn oder Polen aber nicht beleidigen.“

Der CDU-Vorsitzende Jürgen Brautmeier nannte die Ausführungen des prominenten Gastredners „das Plädoyer eines überzeugten Europäers“. Michael Werhahn fürchtet, dass Deutschland als wirtschaftlich starkes Land finanziell zu viel zugemutet werden könnte. Er sprach sich klar gegen die umstrittenen Eurobonds aus. „Wir müssen uns den kritischen Argumenten stellen“, sagte der Europa-Abgeordnete Stefan Berger.

Deutsches Geld für die EU müsse in vernünftige Projekte investiert werden und dürfe nicht in anderen Haushalten verbrannt werden. Bundestagsabgeordneter Hermann Gröhe gab zu bedenken: „Der deutsche Beitrag für den EU-Haushalt ist niediger, als das, was wir jedes Jahr jeweils für Hartz IV und für Kurzarbeitergeld ausgeben.“

Von  China und Türkei gehe eine Gefahr für Europa aus

Ursel Meis, Vorsitzende der Seniorenunion, kritisierte das niedrige Renteneintrittsalter in etlichen EU-Ländern, die von Deutschland unterstützt werden. Der Landtagsabgeordnete Jörg Geerlings warb für den Blick für das große Ganze: „Wir stehen vor globalen Herausforderungen und dürfen nicht klein-klein denken.“