Von Ritterkämpfen und Duftmarken

Das Mittelalter wurde in Neuss wieder lebendig. Gaukler, Spielleute und Handwerker zeigten ihr Können.

Neuss. Der Mann in der silber schimmernden, aber schon etwas verbeulten Rüstung holt weit aus und schlägt mit scheinbar voller Wucht sein Schwert in die Seite des Gegners.

Es scheppert laut, als dieser schwer getroffen auf die Knie fällt. Der Angreifer lässt ihn nicht verschnaufen, setzt nach und verpasst ihm einen schweren Schlag von hinten auf den Rücken, der ihn vollends auf den Boden befördert.

Während die eine Hälfte der Zuschauer laut jubelt, ertönen bei der anderen Buh-Rufe. Die Ritter Gottfried und Roger de Gleisberg aus Jena begeisterten mit ihrem Ritterschaukampf das Publikum beim vierten Quirinus-Mittelaltermarkt, der wieder vom Neusser Stadtmarketing organisiert wurde.

Immer wieder ließen sich die Ritter vom Publikum anfeuern — und bezogen auch die staunenden Kinder in ihre Show mit ein. So ließen sie sich etwa von den Kleinen wieder auf die Beine helfen.

Das tolle Programm, das auf den beiden Bühnen und davor geboten wurde — sei es von den Ritter-Schaukämpfen, der Musik der Folk Band Dudelzwerge oder dem Gaukler Lupus mit seiner Jonglage — der Beifall war groß.

Aber auch die Stände am Quirinusmünster, Freithof und Markt hatten jede Menge zu bieten. Neben duftenden Köstlichkeiten wie Flammlachs, Knoblauchbrot und Flammkuchen gab es auf dem Markt viel Handwerkliches zu besichtigen.

So zum Beispiel am Stand des Parfümeurs Matthias Nys. Dort duftete es sommerlich-frisch nach Pfirsich, aber auch Amber oder Opium verströmten ihren Duft. Nys hatte auch jede Menge Informationen für die Besucher.

„Das ist Eisenkraut, der Lieblingsduft von Sissi“, erläuterte er einer interessierten Dame. „Sissi hat Citrusfrüchte geliebt, nicht nur den Geschmack, sondern auch den Duft. Damit aber am Wiener Hof niemand sonst wie sie nach Eisenkraut roch, hat sie den Duft für alle anderen für 50 Jahre sperren lassen“, erzählt Nys.

Seine Informationen bezieht der Duftexperte aus teilweise jahrhundertealten Auftragsbüchern der Familie, die nicht nur Bestelllisten mit den genauen Angaben über Inhaltstoffe verzeichnen, sondern auch Auskunft über die Kundschaft und den gezahlten Preis geben.

Auch am Stand des Buchbinders Hajo Herbst gab es viel zu erfahren. Mit einem Nachbau eines Heftladers zeigte er den Besuchern, wie Bücher im Mittelalter gebunden wurden und erläuterte auch, welche Bedeutung die Anzahl der dazu benutzten Kordeln hatte: „Bücher, die mit vier Kordeln gespannt waren, beinhalteten geistige Literatur, fünf Kordeln hatten Rechtsbücher, sechs Kordeln waren für Bücher die sich mit Zahlen befassten, also Kalender oder Verzeichnungen über getätigte Geldgeschäfte, vorbehalten“, sagt er.

Die Mischung aus Genuss, Unterhaltung und Handwerk kam bei den Besuchern sehr gut an. „Der Mittelaltermarkt ist ganz toll. Die Musik, die Stände, das Essen, einfach wunderbar“, schwärmte Familie Hess aus Düsseldorf. Auch Familie Sundermann aus Erkrath hatte viel Freude, besonders die Auftritte auf der Bühne vor dem Zeughaus begeisterten die Familie.

Über die gut gelaunten Besucher freuten sich auch die Aussteller. „Bei der Stimmung macht das Arbeiten Spaß und auch die Umsätze stimmen“, freute sich Daniel Junker, der nahe der Bühne seinen Stand mit Knoblauchbrot, original aus Oldenburg, aufgebaut hatte.