Wie steht es um die SPD ein Jahr nach der Bürgermeisterwahl?
Die Sozialdemokraten in neuer Rolle als Bürgermeisterpartei.
Neuss. Die Bürgermeisterwahl, die heute vor genau einem Jahr Reiner Breuer (SPD) — für viele Beobachter überraschend — schon im ersten Wahlgang ins Bürgermeisteramt gebracht hat, hat auch der SPD-Fraktion im Rat eine neue Rolle zugewiesen. Beneidenswert ist die nicht unbedingt.
Glückwünsche zum Jahrestag sind vom politischen Mitbewerber denn auch nicht zu hören. Michael Klinkicht (Grüne) sieht die SPD schlicht als verlängerten Arm der von Bürgermeister Breuer geführten Verwaltung, während Manfred Bodewig (FDP) in ihr eine neue „Prätorianergarde“ sieht, die sich „schützend vor den Bürgermeister stellt“. „Sie müssen machen, was der Bürgermeister sagt“, ergänzt Helga Koenemann (CDU).
Muss die SPD das? In der Tat war die Zustimmung der SPD zum Haushaltsplan im vergangenen Jahr mehr als ein Fingerzeig darauf, dass die Fraktion ihre in (ohnmächtigen) Jahrzehnten betonierte Dauer-Opposition unter den neuen Vorzeichen aufgeben würde. Ob sich das wiederholt, ist offen. Denn die Sozialdemokraten sind weit davon entfernt, im Rat jene Mehrheit zusammenzubringen, die ihnen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Einen von CDU, Grünen und FDP geformten Etat beschließen — bloß weil ihn eine vom SPD-Bürgermeister geführte Verwaltung eingebracht hat? Die CDU-Frontfrau Koenemann hat deshalb Recht, wenn sie meint, dass die Wahlen 2014 (Rat) und 2015 (Bürgermeister) Ergebnisse gebracht haben, die nicht gut zusammenpassen. Sie hat aber auch Recht, wenn sie sagt, dass die Mehrheit von CDU und Grünen damit das kleinere Problem hat.
Das Beispiel Hammfeld II macht die Malaise der SPD in besonderer Weise deutlich. In der Opposition stemmte sie sich gegen Möbelhaus und einen weiteren Verkauf an den Möbelhaus-Riesen Kurt Krieger. Dass sich ihre Sicht auf die Dinge in den Jahren seitdem geändert haben könnte, wird von der politischen Konkurrenz nicht akzeptiert. Der Antrag, das Hammfeld jetzt zu verkaufen, wird denn von den Grünen schlicht als Sündenfall gegeißelt — was natürlich aus dem Rathaus lanciert wurde. Während die FDP voller Genugtuung feststellen zu können glaubt, dass die SPD in der Realität angekommen ist. Ein Ankommen allerdings, das natürlich nach FDP-Sicht ebenfalls alleine mit der neuen Rolle als Bürgermeisterpartei zusammenhängen muss.
Ein Jahr nach dem Wahlerfolg Breuers sitzt die SPD immer noch ein bisschen zwischen allen Stühlen. Gegen den Bürgermeister kann sie sich nicht stellen, ihm aber auch keine Mehrheit sichern. Und stellt sie Anträge, klebt denen die Konkurrenz gleich das Etikett „Made im Rathaus“ auf.
Die Bürgermeisterwahl vor einem Jahr hat Gewinner gesehen. Ja. Die SPD gehört nur bedingt dazu.