Wird Schraubenfabrik ein Denkmal?
Eine Privatperson hat das das Rheinische Denkmalamt informiert. Kritik gibt es an der Stadt: Sie würde ihre alten Schätze nicht genug schützen.
Nordstadt. Die Enttäuschung war groß: Als die Mitarbeiter des Rheinischen Denkmalamtes zum Ortstermin in die ehemalige Schraubenfabrik am Hauptbahnhof kamen, waren die Hallen fast vollständig leer geräumt. „Sehr bedauerlich“, sagt Sabine Cornelius als Sprecherin dieser Behörde beim Landschaftsverband, denn ein Denkmal sei mehr als die Gebäudehülle. Nun sei es sehr schwer, den Denkmalwert des Werkes einzuschätzen, sagt Cornelius — „aber wir sind dran.“
Dass die Denkmalpfleger zu spät kamen, könnte man der Stadt anlasten, die keinen Hinweis an die Obere Denkmalbehörde gegeben hat. Dass sie überhaupt kamen, geht auf die Initiative von Albert Wunsch zurück. „Ich bin gar kein Neusser, aber ich habe ein gewisses Kulturverständnis“, sagt Wunsch, der sich darüber empört, „dass die Stadt Neuss nicht wenigstens eine alte Maschine zur Schraubenherstellung für museal-dokumentarische Zwecke aus der Konkurs-Masse erworben hat.“ Weil er befürchtete, dass der neue Besitzer des Werkes, das mit seinen Schrauben Neuss einst weltberühmt machte, auch das alte Hauptverwaltungsgebäude abreißen wird, stellt er den Antrag, es zeitnah unter Denkmalschutz zu setzen. Offiziell bekam er keine Rückmeldung, doch er hatte etwas ausgelöst.
Initiativen von Einzelpersonen in Sachen Denkmalschutz hat es schon früher gegeben. Otto Saarbourg gab den Anstoß, das Gebäude des Clemens-Sels-Museums unter Denkmalschutz zu stellen, und hatte damit ebenso Erfolg wie der Verein der Freunde und Förderer des Botanischen Gartens. „Ohne Druck reagiert die Untere Denkmalbehörde bei der Stadt nur, wenn sie will“, fasst Renate Tillmanns, die Vorsitzende des Vereins, ihre dabei gemachten Erfahrungen zusammen.
Schon im Januar 2016 hatte die Koalition von CDU und Grünen nach der Schließung der Fabrik die Frage aufgeworfen, wie auch bewegliche Industrie-Kulturgüter gesichert und präsentiert werden können. Von einem Prüfauftrag war die Rede — von dem man nie mehr etwas gehört hat.
Planungsdezernent Christoph Hölters erkennt das stadtplanerische Interesse an Unverwechselbarkeit und Identität an, das sich auch in dem Antrag ausdrückt. Aber man müsse auch an eine vernünftige Folgenutzung denken. Sein Gegenbeispiel ist das RWE-Umspannwerk im Hafen: „Ein Denkmal — aber leer.“
Ralph Schneemann geht nicht davon aus, dass in der Schraubenfabrik „in größerem Stil erhaltenswerte Bausubstanz besteht“. Dass dort 150 Jahre Industrie war, sage nichts über den Denkmalwert aus, sagt der Geschäftsführer des Düsseldorfer Projektentwicklers, der Bema Gruppe, der die Fabrik gehört. Genau diese Frage beschäftigt auch den Initiativkreis Nordstadt, der mit Spannung den Denkmalschützer-Bericht abwartet. An dem arbeiten zwei Experten des Landschaftsverbandes. Noch, so Hölters, hätten die aber „nichts Belastbares“ vorgelegt.