Bis zu 18 Stunden Arbeit So ist der Alltag eines Schaustellers auf der Rheinkirmes
Düsseldorf · Schausteller-Arbeitstage sind lang: Sie gehen von morgens um 9 bis nachts um 2 Uhr.
Morgens gehört das Kirmesgelände den Arbeitern. Es ist nicht so wuselig wie nach der Eröffnung am Nachmittag, doch viele Lkw beliefern die Buden mit Waren und manche Fahrgeschäfte sind in Betrieb, laufen aber langsam – routinemäßige Wartungsarbeiten. Mittendrin steht Franz Thomas Schneider und ruft seinen Mitarbeitern Anweisungen zu: eine Plane, die zusammengefaltet werden soll, Geländer, die abgewischt werden müssen. „Dort haben Kinder gestern ein paar Schokoladeneis-Spuren hinterlassen“, erklärt er dem Mitarbeiter. Zwischendurch wechselt er bei seinen Anweisungen wie selbstverständlich ins Polnische oder Rumänische, die Muttersprachen seiner Mitarbeiter. „Nach den Jahren kann man ein paar Brocken“, erklärt er.
Schneider betreibt die „Weltneuheit“ auf der Rheinkirmes, den „Look 360° Panorama“, einen über 70 Meter hohen Turm, an dem Gondeln hochfahren und einen weiten Blick über die Kirmes und die Landeshauptstadt ermöglichen. Attraktionen wie diese locken die Besucher an; mehrere Millionen Menschen werden am Ende der Kirmeszeit auf dem Gelände gewesen sein. Freizeit, mitunter Ablenkung, mögen die bunten Lichter und die wummernde Musik der Fahrgeschäfte und aus den Festzelten für die Besucher sein. Für die Schausteller ist es Arbeit, eine, die den gesamten Tag in Anspruch nehmen kann.
Morgens zwischen 7 und 8 Uhr klingelt Schneiders Wecker – oder vielmehr sind seine Kinder sein Wecker. Die sechsjährige Tochter und der dreijährige Sohn sind dann wach, beanspruchen seine Aufmerksamkeit. Ein gemeinsames Frühstück, ein Kaffee, und dann geht es raus aus dem Wohnwagen, der kaum einen Steinwurf vom Aussichtsturm entfernt steht. 9 Uhr ist es jetzt, die Reinigungs- und Wartungsarbeiten beginnen. Schneider ist das erste Mal mit dem Panorama-Turm unterwegs, deshalb sind bei den Wartungsarbeiten noch drei Mitarbeiter des Herstellers dabei. Der Schausteller saugt alles auf, lässt sich die Dinge erklären und sorgt dafür, dass maßgeschneiderte – vor allem technische – Anpassungen vorgenommen werden. Es ist 11 Uhr, in drei Stunden öffnet die Kirmes für die Besucher. Die Kinder können tagsüber in die Schausteller-Kita, werden da betreut und spielen mit dem anderen Kirmes-Nachwuchs. Normalerweise würde Schneider jetzt im Büro sitzen und den Transport zum nächsten Volksfest organisieren – kein einfaches Unterfangen bei einem so gewaltigen Fahrgeschäft.
Doch am Donnerstagvormittag hat er ein paar Minuten für ein Gespräch, erzählt vom Aufwachsen in einer Schaustellerfamilie. „Groß geworden bin ich mit einem Riesenrad“, sagt er. Seit 15 Jahren ist er jetzt selbstständig, betrieb verschiedene Fahrgeschäfte, jetzt eben den „Look“-Turm. Die Rheinkirmes liege ihm besonders am Herzen, er wohnt in Düsseldorf, die Familie ebenso. „Da sieht man sich dann mal“, sonst sei er natürlich viel unterwegs. Wie aufs Stichwort fährt sein Vater auf dem Fahrrad vor.
Um 14 Uhr kommen die ersten Kirmesbesucher. Schneider ist dann bis zum Schluss um 2 Uhr nachts unterwegs, läuft auf seinem Gerät von A nach B, überprüft, weist an und schaut zu. Dabei versucht er, keine Hektik aufkommen zu lassen. „Wenn die Leute mich hektisch herumlaufen sehen, denken die noch: ‚Da stimmt was nicht’“. Nach zwei Uhr wird der Turm noch kurz gereinigt, dann ist für Schneider und seine Kollegen Feierabend. Manchmal setzt er sich noch auf die Veranda seines Wohnmobils, um runterzukommen, und trinkt dazu ein Bier. „Wie jeder andere auch“, nur hat er halt einen sehr speziellen Beruf.