Anrath Nähwerkstatt produziert „Boomerang-Bags“

Anrath. · Schüler des Lise-Meitner-Gymnasiums setzen sich in einer Näh-AG für Nachhaltigkeit ein und recyceln Stoffe zu Einkaufsbeuteln.

Die „Boomerang-Bags“ der Schüler heißen so, weil sie wie ein Bumerang immer wieder zu den Geschäften zurückfinden sollen.

Foto: Norbert Prümen

Die einen sind beige-braun gestreift, die anderen kommen in einem wilden Blumenmix daher. Wiederum andere sind unifarben, wobei die Farbpalette von rot über grau bis grün reicht. Mal sind sie quadratisch, dann rechteckig, mal kleiner, mal größer. Doch so verschieden die Einkaufstaschen auch sind, die auf den Tischen im Nähraum des Lise-Meitner-Gymnasiums (LMG) liegen: Sie tragen alle den gleichen Aufnäher. Das Logo „Boomerang-Bags St. Tönis“ ist mittels eines auffälligen rot-weißen Aufnähers auf sämtlichen Exemplaren zu lesen. Das ist aber nicht die einzige Gemeinsamkeit, die die Stoffbeutel verbindet. Sie alle sind von den Schülerinnen und Schülern der Schneiderwerkstatt des LMG handgenäht, und zwar aus Stoffen, die zuvor mal ein Bekleidungsstück, eine Tischdecke oder ähnliches waren.

„Das waren mal die Bezüge unserer Gartenkissen“, erklärt Susanne Schmidt und deutet auf eine Stofftasche im Blümchen-Look. Upcycling der besonderen Art hat jetzt in der Näh-AG stattgefunden. Die zwölf Schülerinnen und die zwei Schüler nehmen an der „Boomerang-Bag“-Aktion teil. Die Anregung dazu brachte AG-Leiterin Schmidt ein. „Ein Spielzeuggeschäft aus St. Tönis hat mich angesprochen und gefragt, ob meine AG nicht Lust hätte, an dem Projekt teilzunehmen“, berichtet die Schulsekretärin, die von Haus aus gelernte Schneiderin ist. Bei den „Boomerang-Bags“ handelt es sich um Taschen, die aus getragenen Sachen genäht werden. Dann wandern diese Taschen in Geschäfte, wo sie statt Plastiktüten verwendet werden.

Wer seinen Beutel vergessen
hat, kann sich einen ausleihen

Die Idee dabei ist es, dass der Nutzer die Tasche beim nächsten Einkauf wieder mitbringt und sie für weitere Kunden, die ohne Tasche einkaufen kommen, abgibt. Wer also nicht an den eigenen Einkaufsbeutel gedacht hat oder einen Spontaneinkauf tätigt, der kann statt der schnell mitgenommenen Plastiktüte, die danach irgendwann in die Mülltonne wandert, auf den „Boomerang-Bag“ zurückgreifen. Schmidt nahm die Anfrage des St. Töniser Geschäfts mit in die Schneiderwerkstatt und stieß auf Begeisterung. Alle wollten für die Aktion nähen und dem Spielwarengeschäft die Taschen zukommen lassen.

Herausgekommen sind knapp 20 Taschen, die nun abgegeben werden. „Ich bin gespannt, ob ich irgendwann einmal, wenn ich in St. Tönis unterwegs bin, die Tasche sehe, die ich genäht habe“, meint Friederike. Die Zwölfjährige, die seit anderthalb Jahren der Näh-AG angehört, hat aus einem ehemaligen Bettbezug eine Tasche gezaubert. „Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, die Taschen zu nähen und etwas für die Umwelt zu tun“, schließt sich die gleichaltrige Ricarda an, die seit der Gründung der AG vor drei Jahren dazugehört. Glen, der vor gerade einmal vier Wochen mit dem Nähen angefangen hat, findet es gut, dass er direkt so etwas Nützliches herstellen konnte. „Nähen ist cool. Es macht riesig Spaß, eigene Sachen zu produzieren“, sagt der Zwölfjährige.

Die gute Annahme der Schneiderwerkstatt von Seiten der Schüler hat jetzt dazu geführt, dass die AG einen neuen großen Raum im Gymnasium nutzen kann, wo ausreichend Platz für das Zuschneiden und Nähen sowie die Bügelstation gegeben ist. Zudem gibt es nun auch Schränke für Stoffe und Zubehör, sodass nichts mehr durch die Schule geschleppt werden muss. „Das Näh-Projekt ist hervorragend, und die aktuelle Aktion deckt das uns so wichtige Thema Nachhaltigkeit hervorragend ab“, lobt Schulleiter Thomas Prell-Holthausen.

Schmidt hat schon das nächste Projekt im Auge: Am 23. November, dem Schnuppertag des LMG, bietet sie zusammen mit ihren AG-Teilnehmern das Nähen von Weihnachtsschmuck aus alten Jeans an. Für die Pädagogischen Tage im Oktober, Dezember und Februar hält Schmidt ein weiteres Angebot parat: Das Krefelder Textilmuseum stellt Flaggen der bisherigen Ausstellungen zur Verfügung. Aus denen sollen Taschen und Accessoires genäht werden. Diese sollen im Museumsshop ausgestellt und zugunsten des Textilmuseums verkauft werden. „Für das Projekt öffnet sich die Nähwerkstatt. An den Pädagogischen Tagen kann jeder mit Näherfahrung mitmachen“, sagt Schmidt. Der erste Pädagogische Tag ist der 8. Oktober. Los geht es mit einem gemeinsamen Frühstück, dann wird fleißig genäht. Angedacht sind Taschen, Rucksäcke, Abendtäschchen, Kosmetikbeutel und dergleichen.