Engagement Der Verein Lichtschmiede kümmert sich im EN-Kreis um Obdachlose, Einsame und Bedürftige

EN-Kreis · Im Einsatz auf den dunklen Seiten des Lebens.

Neben einer kleinen warmen Mahlzeit und Kleidung gehört auch ein einfühlsames Gespräch zur Versorgung durch die Lichtschmiede.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die dunkeln Stellen der Gesellschaft erhellen. Das ist das Ziel des in Schwelm, Sprockhövel, Gevelsberg, Hagen und Ennepetal, aber auch in Vohwinkel und bei Bedarf auch in Bochum tätigen Vereins „Lichtschmiede“. Man hat sich nicht nur die Obdachlosenhilfe, sondern auch die Unterstützung Bedürftiger auf die Fahnen geschrieben und kümmert sich auch um einsam gewordene Menschen.

„Der Verein aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis für Hilfe, die ankommt“, heißt es auf einem Flyer der Lichtschmiede, die über 28 Mitglieder, davon 15 aktive, verfügt. Den Vorsitz des im Mai 2021 gegründeten Vereins hat Andreas Steinhof, der angesichts der Alltagsschwierigkeiten, die die Menschen plagen, von „Luxus-Problemen“ spricht. „Und weil es uns doch sehr gut geht, wir alle ein Dach über dem Kopf und regelmäßige Mahlzeiten haben, möchten wir einfach etwas zurückgeben und Menschen helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“, beschreibt Steinhof die Motivation, die ihn und sein Team zu den Stellen treibt, an denen Obdachlose ihr Dasein auf der Straße fristen oder Familien, die oft nicht über das Nötigste verfügen.

Natürlich kommen sie nicht mit leeren Händen. Und dass die Vorräte an gespendeten oder gekauften Lebensmitteln, Schlafsäcken, Isomatten, Hygieneartikeln oder Kleidungsstücken und Schuhen im Lager in Ennepetal an der richtigen Stelle bereit liegen, dafür sorgt Stefan Kimmel. Von Haus aus ist er Diplom-Biologe, verfügt aber auch über eine Qualifikation zum psychologischen Berater. Diese Fähigkeiten kann er gleichfalls in der Lichtschmiede einbringen.

Nicht jeder wird durch die
Sucht auf die Straße getrieben

Jeder Fall von Obdachlosigkeit liegt anders, und Andreas Steinhof sagt deutlich: „Wir stellen keine Schuldfragen, wie es zu dieser verzweifelten Situation gekommen ist. Wir helfen da, wo Hilfe gebraucht wird. Aber man kann davon ausgehen, dass nahezu jeder Obdachlose in seinem Leben einige falsche Entscheidungen getroffen hat.“

Tragische Fälle gibt es gleichfalls, wie den des alleinstehenden Mannes, der wegen eines Gehirntumors rund ein halbes Jahr im Krankenhaus lag, seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und auch keine Miete zahlen konnte. „Inzwischen hatte ihm sein Vermieter gekündigt, ebenso wie seine Bank. Er stand vor dem Nichts, war in seinem angeschlagenen Zustand von allem total überfordert, und auf der Straße wäre er praktisch nicht überlebensfähig gewesen“, schildert Steinhof ein bewegendes Schicksal. „Nicht jeder wird durch seine Sucht auf die Straße getrieben, sondern die Sucht ist oft eine Folge des Lebens auf der Straße.“

„Eine alte Rollstuhlfahrerin bekam die Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. Wir konnten helfen und haben mit zehn Leuten beim Umzug in eine neue, bescheidene Behausung angepackt und auch für die alte Dame eingekauft,“ ist ein anderer Fall, den das Lichtschmiede-Team erlebt hat. Oder der eines Mannes, der – von seiner Familie verstoßen – mit seinem Hund in seinem Transporter gelebt hat. „Als ich ihn zum ersten Mal angesprochen habe, war er total betrunken und so verzweifelt, dass er in einem nüchternen Moment seinem Leben und dem seines Hundes mit vergiftetem Essen ein Ende machen wollte,“ erzählt Steinhof von seinem emotionalsten Erlebnis. „Wir haben versucht, ihm sein Selbstwertgefühl zurückzugeben, ihm zu einer Wohnung und bei Behördengängen geholfen und ihm wieder Lebensmut eingeflößt.“

Die Helferinnen und Helfer sind bis auf eine Ausnahme nur „Außenseiter“, was das Leben auf der Straße angeht. Und diese Ausnahme heißt Björn, der selbst sechs Jahre das Dasein eines Obdachlosen gefristet, aber dann doch noch die Kurve gekriegt hat und wieder ein bürgerliches Leben führt. „Der Björn kann sich in diese Menschen hineinfühlen, er hat einen Blick für die Probleme und erkennt auch, wenn ihm nicht die Wahrheit gesagt wird“, erzählt Stefan Kimmel, resümiert aber auch, dass jedes aktive Mitglied bei der Lichtschmiede seine Erfahrung und sein Wissen mit einbringt, wenn es gilt, Menschen in Not zu helfen.

Zwar haben viele im Team eine Erste-Hilfe-Ausbildung. „Aber, wenn jemand hilflos in einer Ecke liegt, dann rufen wir lieber den Rettungswagen“, will man doch bei gesundheitlichen Schäden kein Risiko eingehen.

Meist sieht die Arbeit vor Ort so aus, dass mithilfe einer Fünf-Minuten-Terrine, in die heißes Wasser eingefüllt wird, eine kleine warme Mahlzeit verabreicht wird oder die frierenden Obdachlosen mit Schlafsäcken oder Isomatten ausgestattet werden. Dazu gibt es auch immer einfühlsame Gespräche. „Wir haben auf unseren Touren zu den Plätzen der Obdachlosen auch immer viel Zeit eingeplant.“

Zum Glück steht die Lichtschmiede mit ihren zahlreichen Hilfs- und Besuchsangeboten nicht allein. Andreas Steinhof, im Zivilberuf Werkzeugmacher, berichtet von einer sogenannten „Fluchkasse“ seiner Kolleginnen und Kollegen. „Immer wenn jemand flucht, muss er seine Strafe in die Kasse zahlen, und die kommt unserer Arbeit zugute. Ein Kollege spendet sogar regelmäßig. Und von der Stadt Gevelsberg kam auch ein Betrag, der unsere Arbeit unterstützt hat. Große und kleine Spenden von privat gibt es. Und uns ist an den Einsatzorten auch oft damit geholfen, wenn wir in Bistros oder Cafés unsere Thermoskannen mit heißem Wasser für die kleinen Suppen-Terrinen füllen können“, berichtet Steinhof.