Finanzielle Sorgen in Neuss Der Tiertafel gehen die Spenden aus
Neuss · Das Futter wird immer teurer, Tierarztkosten steigen und auch die Miete muss gezahlt werden: Die Tiertafel Neuss sieht sich mit immer größeren Ausgaben konfrontiert – doch das Geld dafür fehlt, die Spenden bleiben aus.
Es sind Momente, die den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Tiertafel Neuss ans Herz gehen: In den vergangenen drei Monaten sah sich der Verein, der sozial schwache Tierbesitzer unterstützt, gezwungen, einen Aufnahmestopp zu verhängen. „Wir mussten Menschen, die uns um Hilfe bitten, bei der Futterausgabe abweisen. Das war uns wirklich unangenehm“, berichtet Mitglied und Beisitzerin Margret Mostert. Der Grund: Der Tiertafel gehen die Futterspenden aus. Vor allem für Katzen haben sie in den vergangenen Monaten kaum noch etwas bekommen. Doch nicht nur an Futter mangelt es. „Im vergangenen Jahr hat unser Hauptsponsor für die Ladenmiete von jetzt auf gleich die Zahlungen eingestellt“, sagt Schatzmeisterin Sylvia Braschke. Mit Sorge blickt der Verein in die Zukunft.
„Mit den Mitteln, die aktuell noch da sind, können wir uns noch ein halbes Jahr über Wasser halten. Doch dann sind wir am Ende“, betont Braschke. Zuletzt hatten die Mitglieder schon mit eigenen Zuschüssen aushelfen müssen, rund 2000 Euro hatten sie investiert, um ihre Kunden für die nächsten Monate versorgen zu können. „Wir versuchen die Tierbesitzer mit allen Mitteln zu unterstützen, weil wir wissen, wie schwierig die Situation für viele aktuell ist“, sagt die Vorsitzende Brigitte Lorbach. Denn nicht nur die Tiertafel sehe sich mit hohen Kosten konfrontiert. Angesichts der steigenden Kosten für Energie, Futter und Tierarztbesuche wachse die Zahl ihrer Kunden immer weiter. „Allein bei der letzten Futterausgabe hatten wir sechs Neuanmeldungen, was zwölf Tieren entspricht“, erinnert sich Braschke. Vor allem Arbeits- und Obdachlose, Flüchtlinge, aber auch Rentner, die ihre Tiere mit den eigenen finanziellen Mitteln nicht mehr ausreichend versorgen können, seien auf die Unterstützung des gemeinnützigen Vereins angewiesen. Doch sie erhalten an der Tiertafel nicht nur Futter, sondern auch ein offenes Ohr für ihre Anliegen und Probleme. „Die Menschen haben oft niemanden, mit dem sie reden können, und deshalb suchen sie bei uns auch den Austausch“, so Mostert.
Bei anderen Organisationen
sieht es ähnlich schlecht aus
Auf die Frage, wer diese Hilfe im Falle einer Schließung der Tiertafel auffangen könne, haben die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen keine Antwort. Im Tierheim Bettikum, mit dem der Verein im regelmäßigen Austausch stehe, gebe es keine Kapazitäten dafür. Im Gegenteil, sie hätten stattdessen noch mehr zu stemmen: „Wenn wir nicht mehr wären, könnten die Besitzer ihre Tiere nicht mehr versorgen und geben sie möglicherweise ab oder setzen sie sogar aus“, befürchtet Lorbach. Dabei sei das Tier für viele der letzte Halt. Deshalb setzt das Team der Vorsitzenden zufolge alles daran, das Angebot aufrecht zu erhalten – auch wenn das heißt, dass sie die Selbstkostenanteile für das Futter erhöhen müssen. Doch auch das werde nicht reichen, weshalb der Verein Lobach zufolge dringend einen neuen Sponsor braucht.
Auch das Fell-, Stachel- und Federheim ist auf Unterstützung angewiesen. Leiterin Babette Terveer reicht zahlreiche Anträge bei Stiftungen ein, um die Kosten zu decken. „Nur mit Spenden könnten wir die Einrichtung nicht mal drei Stunden lang betreiben“, sagt sie. Allein für das Futter fallen monatliche Kosten in Höhe von 2000 Euro an. Hinzu kommen durchschnittlich 6000 Euro Tierarztkosten im Monat (viele Tiere sind bei der Ankunft im Fell-, Stachel- und Federheim verletzt und müssen zunächst ärztlich versorgt werden) sowie „exorbitant“ hohe Raten für den Strom, welche unter anderem die Wärmelampen verbrauchen.
Im Gegensatz zu Katzen und Hunden haben laut Terveer viele Menschen aber keinen Bezug zu Feder- oder Wildtieren – was sich wiederum in der Spendenbereitschaft bemerkbar macht. Bis auf den Salat, den die Leiterin von einem Supermarkt für die Tiere gestellt bekommt, könne sie auf keine Spenden oder andere Einnahmen zurückgreifen. „Die finanzielle Situation ist schrecklich“, fasst Terveer zusammen. Und das, obwohl sie im Sommer noch mehr Aufnahmen erwartet, wenn die verwaisten Wildtiere hinzukommen.