Nelly-Sachs-Gymnasium in Neuss Auf den Spuren der internationalen Politik

Neuss · Am Nelly-Sachs-Gymnasium schlüpften Schüler jetzt in die Rolle internationaler Delegierter und debattierten in simulierten Gremien über aktuelle Themen der Weltpolitik – „MUNelly“ heißt diese Neusser Version der UN-Modellkonferenz.

Zum elften Mal kamen Schüler ab der neunten Klasse zusammen, um die Arbeit der Vereinten Nationen authentisch nachzustellen und zu erleben, was es bedeutet, gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

Foto: Andreas Woitschützke

Ein Hauch von großer weiter Welt weht an diesem Tag durch die Gänge des Nelly-Sachs-Gymnasiums: In Anzug und Krawatte gekleidete junge Männer, Mädchen im Kleid oder Hosenanzug stehen beieinander und plaudern eloquent in englischer Sprache. Schaut man in die Klassenräume, bietet sich ein ungewöhnliches Bild: Vorne steht neben dem Schreibtisch ein Rednerpult, die Tische sind mit einer blauen, bodenlangen Tischdecke verhängt, die Stühle in U-Form platziert. An jedem Platz steht ein Schild im Look der Vereinten Nationen: Israel, Republic of India oder France steht dort zum Beispiel.

Zum elften Mal sind Schüler ab der neunten Klasse zusammengekommen, um die Arbeit der Vereinten Nationen (UN) authentisch nachzustellen und zu erleben, was es bedeutet, gemeinsame Entscheidungen zu treffen oder Resolutionen zu verabschieden. „Die „MUNelly“ bietet eine gute Gelegenheit, Einsichten in die internationale Politik zu gewinnen und öffnet die Perspektive für die Standpunkte anderer Nationen,“ erklärt Carolin Lutzka, Schülerin der Abschlussklasse am „Nelly“ und bereits zum vierten Mal Vorsitzende der gesamten Konferenz. Als UN-Generalsekretär ist Max Wimmer erstmals im Einsatz und erklärt, dass die Ergebnisse der sechs Komitees in der „Closing Ceremony“ vorgetragen werden.

Anna-Christina Renz ist die verantwortliche Lehrerin und findet, dass die „MUNelly“ eine großartige Möglichkeit bietet, Schüler miteinander in Kontakt zu bringen. „Viele Teilnehmer wachsen über sich hinaus – nicht nur auf sprachlicher Ebene, sondern auch, weil sie auf einer politischen Werte-Ebene reflektieren können über die verschiedenen Standpunkte,“ so die Pädagogin.

Die knapp 140 Teilnehmer kommen vom „Nelly“ oder anderen Neusser Schulen, aber auch Gäste aus ganz Deutschland und sogar den Niederlanden sind angereist. In AGs oder Projektkursen haben sie sich auf die zweitägige Konferenz vorbereitet und konnten vorab Wünsche äußern, in welchem Gremium sie mitmachen wollen und welche Nation sie vertreten wollen.

Der Szenenapplaus
ist formal geregelt

Nach der Zuteilung recherchiert jeder „seine“ Position, das heißt, den Standpunkt des Landes, das es zu vertreten gilt und schlüpft während der Konferenz in die Rolle des Delegierten. Die Regeln sind dabei streng vorgegeben: Wer spricht wann und in welcher Reihenfolge? Dürfen Nachfragen gestellt werden? Wer wird wie angesprochen und wie erfolgt eine Abstimmung? Konsens herrscht nicht bei allen Punkten und es ist echte Wortklauberei, wenn die Schüler, in bemerkenswert gutem Englisch, debattieren über einzelne Worte und Formulierungen. Als „Chair“ leitet Carolin Lutzka, gemeinsam mit Moritz, die Sitzungen des UN-Sicherheitsrats mit 16 Nationen, der sich an diesen zwei Tagen mit der Frage beschäftigt, wie Frieden im Nahostkonflikt erreicht werden kann.

Laila Williams aus Alphen in der Provinz Südholland vertritt die Position von Palästina, während das Vereinigte Königreich, vertreten durch Sara Schwick vom „Nelly“, kritisch nachfragt. Dass die Regeln zwar beachtet werden, es dabei aber auch humorvoll zugehen kann, zeigt Benjamin Jasper Leitner (Delegierter für Gabun), der versehentlich das Wort „I“ (Ich) benutzt hat und zur „Strafe“ eine rosa Brille tragen muss, da eine Regel vorsieht, dass man nicht von sich selber, sondern immer im Plural sprechen muss. Und auch der Szenenapplaus nach erfolgreicher Abstimmung ist formal geregelt: „Clapping is now in order“, sagt Carolin und die Delegierten klatschen höflich.

Als „Admin“ unterstützt Anna aus der neunten Klasse am „Nelly“ die Arbeit der Chairs. Sie freut sich, dass sie einmal in die Konferenz reinschnuppern kann, ohne direkt Reden halten zu müssen. Tobias Petruschkat schätzt die „MUNelly“ nicht nur, weil der Spracherwerb gefördert wird: „Die Teilnehmer lernen eine formale, politische Ebene mit allen Regeln und Strukturen kennen – und dass dies eine Form der Demokratie in unserer Gesellschaft ist“, so der Schulleiter.