So war der Nüsser Ovend 2024 Flower-Power-Abend für ein buntes Neuss

Neuss · Der Nüsser Ovend im Gare du Neuss stand wegen seines diesjährigen Mottos zwar ganz im Zeichen von „Love & Peace“– in den Wortbeiträgen ging es dann aber gewohnt bissig zu.

Der Nüsser Ovend im Gare du Neuss – hier Prinz Sebastian I. & Novesia Kira I. – stand in diesem Jahr ganz im Zeichen der „Flower Power“.

Foto: Andreas Woitschützke

Flower Power in allen Farbkombinationen hatten sich die Besucher des Nüsser Ovends aus den Kostüm-Schatzkisten herausgesucht. Und mit dem Motto des Abends hielt vor allem ausgelassene Stimmung Einzug in den Gare du Neuss. „Nüsser Kassen sprechen Bände dennoch Flower Power ohne Ende“, damit setzten die Heimatfreunde den Fokus auf die angespannte Haushaltslage der Stadt und die bevorstehende Landesgartenschau.

Die Steilvorlage griffen die Redner des Abends gerne auf und stichelten mal mehr, mal weniger scharf gegen Neusser, aber auch landes- und bundespolitische Themen. Den Abend wollte sich kaum einer entgehen lassen. Wer in Neuss politisch aktiv ist, ließ sich den Spiegel bereitwillig vorhalten. Die Mischung aus viel Lokalkolorit mit Seitenhieben gegen die Polit-Promis mit Musik, die kaum einen Jecken auf dem Stuhl hielt, machte aus der Traditionsveranstaltung einen Abend ohne Längen und mit Polonaise durch den Saal.

Auf die Beine gestellt wurde das Programm mit einem bunten Mix aus Musik mit kölschem Zungenschlag und echtem Feierpotential, klassischen Tanzgardeauftritten und bissigen Wortbeiträgen vom Elferrat der Brauchtums- und Karnevalsgruppe der Vereinigung der Heimatfreunde Neuss, kurz BKG, mit ihrem Präsidenten Jean Heidbüchel. Der begrüßte die Neusser Jecken dann auch im Gare du Neuss zusammen mit seinem Elferrat, er konnte in einen gut gefüllten und vor allem fröhlichen Saal blicken, im Rücken den Quirinus als Flower-Power-Gärtner mit einer Gießkanne, die Euros auf die Blumen segeln lässt.

Als erste nahm Prologia Annette Gratz das Geschehen in Neuss in ihrem zweiten Jahr genauer unter die Lupe. Zum Beispiel die digitalere Stadt: In der auch das Schützenfest via App gefeiert werden könnte, die Frauenfrage ließe sich mit Schützenzügen aus der Retorte umgehen, nur beim Bier, da hört dann wohl der Spaß auf, das geht doch nicht digital. Der SPD empfahl sie ein neues Freundebuch, da sich Mehrheiten im Rat durch die Trennungsdramen der Vergangenheit immer wieder neu gefunden werden müssen. Der Zaun zur Abgrenzung der Drogenszene bekam von allen Rednern sein Fett weg, für die Prologia Gratz klar ein Fall von: „Wenn ich es nicht sehe, ist es nicht da“.

Sascha Karbowiak ohne Karnevalserfahrung in der Bütt

Als das Prinzenpaar Sebastian I. und Kira I. mit voller Gefolgschaft auf die Bühne zog, wurde es eng. Für den Prinzen und seine Novesia war es ein leichtes, den Saal mitzureißen und zum Mitsingen des Prinzenliedes „Für ein Jahr“ zu animieren. Bissig wurde es dann wieder mit Babsi, alias Sabine Leuker. Ihr Vorschlag für ein Kostüm: Ganz in Grau als Drogenzaun. Genüsslich überlegte sie, wie der Barbie-Film wohl ausgesehen hätte, wenn er in Neuss entstanden wäre und die Damen in Schützenuniformen geschlüpft wären. Einen guten Ansatz findet sie, dass die braunen Tonnen jetzt kostenlos sind. „Hoffentlich bestellen die jetzt viele, denn für den braunen Bullshit kann es schließlich nicht genug Mülltonnen geben“, erklärte sie und erntete laute Zustimmung. Da wurde Reiner Breuer auch kurzerhand zum Richard Lugner vom Niederrein, nachdem nach der Hauptpost auch das Kaufhof-Gebäude gekauft werden soll.

Ungewohntes Terrain betrat Sascha Karbowiak, stilsicher im roten Glitzersakko. In Glühweinlaune zugesagt, fand er sich in der Bütt wieder ohne jegliche Karnevalserfahrung, wie er betonte. Ein Austeilen gegen die politischen Mitbewerber bereitete ihm kein Problem. Die Kollegen von der CDU hätten gut mitgeholfen, wenn der Vorsitzende vom Vize abgesägt wird. Aber auch der Kanzler aus der eigenen Partei bekam sein Fett ab, einen Witz für den Nüsser Ovend? „Kann mich nicht erinnern.“ Die FDP erinnert ihn an die Insel Sylt: Immer vom Untergang bedroht, aber eigentlich doch ganz schön. Im Rat lebt die SPD dann derzeit eher eine offene Beziehung, da geht es dann auch mal flott mit der CDU. DJ Titschy machte mit seinem Auftritt deutlich, dass Neuss bunt ist und animierte die Jecken zur Polonaise.